Machtmissbrauch und fehlende technische Kompetenz

bvitg

Veröffentlicht 25.09.2020 10:00, Kim Wehrs

Ähnlich wie Brücken zwischen Inseln, spielen Softwareschnittstellen eine ganz entscheidende Rolle für einen reibungslosen und schnellen Austausch von Daten. Daher sind Fehler dort umso folgenreicher, wie das Beispiel der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) entwickelten Archiv- und Wechselschnittstelle (AWST) zeigt.

Bereits seit ihrer Festlegung im Mai 2019 steht diese seitens der Hersteller von Praxissoftware (PVS) in der Kritik – sowohl aufgrund ihrer Qualität als auch ihrer Praxistauglichkeit. Auf ihrer Vertreterversammlung am 11.09.2020 erklärte die KBV nun, dass sie bei einem möglichen eigenen PVS auf den Einsatz der Schnittstelle verzichten würden.

„Diese Aussage spricht Bände, offenbart sie doch, dass die KBV selbst nicht von der Qualität ihrer Standards überzeugt ist“, meint Sebastian Zilch, Geschäftsführer des Bundesverbands Gesundheits-IT. „Zudem zeichnet sich schon jetzt deutlich ab, wie die KBV ihre neue Doppelrolle als Selbstverwaltungsorgan und Marktteilnehmer zum eigenen Vorteil schamlos ausnutzen will.“

Langfristig drohe aus Sicht des bvitg eine Quasi-Monopolstellung der KBV. Schließlich hätte diese durch den exklusiven Zugang zur Ärzteschaft sowie die Möglichkeit, ihre eigenen Produkte zu zertifizieren und willkürlich Ausnahmeregelungen zu treffen, erhebliche Wettbewerbsvorteile. Die negativen Folgen für Innovation und Qualität würden dabei am Ende auch Arztpraxen und Patientinnen und Patienten zu spüren bekommen.

Neuordnung bei Standards und Vorgaben

Aus diesem Grund fordert der bvitg eine klare Trennung der Verantwortlichkeiten bei der Spezifizierung, Zertifizierung und dem Anbieten von Software. Dem Ende August veröffentlichten Konzeptpapier „Interoperabilität 2025“ folgend, sollte dafür eine neutrale Koordinierungsinstanz gesetzlich mit der Schaffung von Interoperabilität beauftragt werden.
„Dieser Schritt ist mehr als überfällig, um wieder ein gesundes Gleichgewicht herzustellen. Über das Papier hinaus sollte dann auch darüber diskutiert werden, ob die bisher bei der KBV angesiedelten Medizinischen Informationsobjekte (MIO) nicht ebenfalls bei einer solchen Instanz besser aufgehoben wären“, meint Zilch.

Quelle: bvitg


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