Health-IT-Talk: Mit MIOs der Interoperabilität näher

Health IT

Veröffentlicht 17.03.2021 01:40, Dagmar Finlayson

MIOs bringen die Healthcare-Akteure der Interoperabilität ein Stück näher. Über Profil, Aufgaben und den Stand der Dinge berichtete Dr. med. Bernhard Tenckhoff, Abteilungsleiter – ISI - Innovation, strategische Analysen und IT-Beratung, KI-Beauftragter der KBV. Beim Health-IT-Talk Berlin-Brandenburg am 15.3.2021 hatten sich über 50 Teilnehmer im virtuellen Meeting eingefunden.

Medizinische Informationsobjekte (MIO), können als digitale Informationsbausteine mit medizinischen Daten verstanden werden. Sie sollen interoperabel von jedem System im Gesundheitswesen lesbar und bearbeitbar sein. Um dies zu gewährleisten, werden medizinische Daten in einem festgelegten Format auf Basis internationaler Standards und Terminologien dokumentiert. Dadurch soll der Austausch und die Verarbeitung der Daten zwischen einzelnen Akteuren innerhalb des Gesundheitswesens, unabhängig vom genutzten Softwaresystem, ermöglicht werden. Auch in Krankenkassen-Apps für Versicherte sollen die MIOs zum Einsatz kommen, um beispielsweise den Impfstatus darzustellen.

Ziel im digitalen Gesundheitssystem ist es, dass MIO im Sinne der Interoperabilität für jedes System lesbar und bearbeitbar sind. Informationen sollen so leichter zwischen den einzelnen Akteuren im Gesundheitswesen ausgetauscht werden können. Medizinische Informationsobjekte zu entwickeln, ist Aufgabe der KBV. Dazu gehören der Impfpass 1.1.0, das Zahnärztliche Bonusheft 1.1.0, der Mutterpass 1.1.0, das Kinder-Untersuchungsheft (U-Heft), die Patientenkurzübersicht (PKÜ), das MIO für Laborbefunde und eine forschungskompatible Akte. Für die Umsetzung der medizinischen Informationsobjekte kommt Fast Healthcare Interoperability Resources (FHIR) zum Einsatz.
„Die MIOs haben einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen,“ betonte Referent Bernhard Tenckhoff. Das betrifft das Patientenwohl ebenso wie den Forschungsbereich durch strukturierte medizinische Daten. Stichwort Corona: Wenn die Bevölkerung geimpft wird, könnte man diesen Vorgang digital erfassen und in die ePA einfügen. Die ePA ist die Voraussetzung, um den elektronischen Impfpass zu nutzen.

Hoffnung auf Akzeptanz der Hersteller

Die KBV definiert zwar die semantische und syntaktische Interoperabilität. Doch wie abhängig – oder unabhängig – das von Herstellern/Anbietern geschieht, ist bislang eher noch unklar. Struktur und Kanäle sollten vorhanden sein, meinte Bernhard Tenckhoff, über die eine entsprechende Abstimmung erfolgen könne. „Wir hoffen darauf, dass es zu einer Akzeptanz der Hersteller kommt.“ Bislang hat der Gesetzgeber keine Durchsetzungsmittel für die Umsetzung der MIO-Interoperabilität im Gesetzestext verankert. „Sollte der Gesetzgeber den Eindruck bekommen, dass nicht alles rund läuft, wird wahrscheinlich über einen systematischen Weg dazu nachgedacht werden,“ meint Bernhard Tenckhoff.
Die öffentliche Kommentierungsphase und Benehmensherstellung findet in einem gesetzlich vorgesehenen Kreis statt. In die Prozessentwicklung einbezogen ist eine Diskussionsrunde aus verschiedenen Institutionen, so gematik und Robert-Koch-Institut und KBV. Das BMG begleitet sie. Um den Prozess integrativer und verständlicher zu gestalten, bietet die KBV Websessions während der Kommentierungsphase eines MIOs an, um alle Interessierten mitzunehmen und bereits frühzeitig Fragen zu beantworten.


Im virtuellen Health-IT-Talk-Meeting: Referent Dr. med. Bernhard Tenckhoff, Abteilungsleiter - ISI Innovation, strategische Analysen und IT-Beratung, KI-Beauftragter der KBV: „Die MIOs haben einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen.“

 

ePA, Frontend und Umsetzung

Zwischen den MIOs und der elektronischen Patientenakte (ePA) ist zu unterscheiden.  Die MIOs werden in die ePA eingebunden. Dem gesetzlichen Auftrag entsprechend, erfolgt die semantische und syntaktische Definition der Inhalte für die MIOs durch die KBV. Die genaue technische Umsetzung (z.B. die Verknüpfung von Dokumenten innerhalb der ePA) liegt bei der gematik
 
Die Definition der MIOs hat die Option zur semantischen und syntaktischen Interoperabilität geschaffen, um die Übernahme von Daten aus einem MIO in ein anderes MIO zu unterstützen. Eine entsprechende Funktionalität im jeweiligen IT-System (z.B. Krankenhausinformationssystem oder Praxisverwaltungssystem) ist ausdrücklich erwünscht. Die KBV macht jedoch keine Vorgaben, wie die Inhalte und Funktionen letztendlich in den IT-Systemen umgesetzt werden. Die Darstellung der Inhalte liegt bei den Herstellern.
 
Vorgaben der KBV über die Darstellung der MIOs im Frontend der Versicherten gibt es nicht. Unter Umständen können sich dennoch Anforderungen aus den Spezifikationen der gematik ergeben. Die KBV hat für die Darstellung der MIOs Umsetzungsempfehlungen (sogenannte "Operationalisierungshinweise") gesammelt und veröffentlicht.
 

MIO-Entwicklung geht weiter

In diesem Jahr wird die Entwicklung weiterer MIOs fortgesetzt. Schwerpunkte liegen hierbei auf sektorenübergreifenden und interdisziplinären Inhalten. Die Aufgabe der semantischen und syntaktischen Integration von DiGA-Informationen in die ePA sowie die perspektivische Weiterentwicklung von Notfalldaten und Medikationsplan liegt bei der KBV. Das Konzept der MIOs stammt von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und wird in Zusammenarbeit mit Experten weiterentwickelt.
https://mio.kbv.de

 

Ausblick: Planung für die nächsten MIOs

  • Laborbefund (Top >1100 Analyten als Laborbefund)
  • Patientenkurzübersicht / International Patient Summary
  • KH-Entlassbrief
  • Pflegedokumente
  • DiGAs / DiPAs



Health-IT Talk
Branchenprofis tauschen sich im monatlich stattfinden Health-IT-Talk Berlin-Brandenburg verbands- und fachrichtungsübergreifend zur Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft aus. Die vier Partner (BVMI, KH-IT, SIBB, TMF) beschäftigen sich mit aktuellen Branchenthemen in Fachvortrag und Diskussion.
www.health-it-talk.de


Quelle Text/Bild: Wolf-Dietrich Lorenz


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