IT in der Wahrnehmungsblase oder nach welchen Kennzahlen lässt sich die Krankenhaus-IT steuern?

Controlling

Veröffentlicht 27.04.2022 09:50, Dagmar Finlayson

„Controlling ist ein Teilbereich des unternehmerischen Führungssystems, dessen Hauptaufgabe die Planung, Steuerung und Kontrolle aller Unternehmensbereiche ist 1“. Die Eingrenzung des IT-Controlling legt den Fokus damit auf den Unternehmensbereich IT und dessen Planung, Steuerung und Kontrolle.

Von Helmut Schlegel, ehemaliger CIO des Klinikums Nürnberg, Co-Autor Jürgen Flemming, Bundesverband der Krankenhaus-IT-LeiterInnen e.V., Mitglied im Vorstand, Pressereferent

Der folgende Artikel basiert auf dem Framework für das Service-Management (ISO 20000), dem Standard für die IT-Governance COBIT (38500) und persönlichen Erfahrungen aus verschiedenen Benchmarking-Projekten.

Drei wesentliche Sätze seien dem Artikel noch voran gestellt:

  • „You can’t control what you can’t measure“2 
  • Lieber einen kleinen Satz aussagefähiger Zahlen als einen Zahlenfriedhof
  • Führungszahlen sollten im Idealfall als Abfallprodukt aus vorhanden Daten der operativen IT erzeugt werden können

Abstrakte Zahlenwerke ohne Verankerung im Umfeld der Anwender entfalten keine Wirkung. Daher sollten Zahlen, die für die Steuerung der IT benutzt werden sollen, immer auch für die Anwender – also die Nutzer der IT – verständlich und aus deren täglichem Umfeld herleitbar sein.

Wirklich schlagkräftig werden diese Zahlen aber erst, wenn der Vergleich mit Wettbewerbern möglich ist. Die Einordnung in eine Rangfolge weckt den Wunsch, besser zu werden. Leider ist dieser Vergleich aber nur sehr selten oder nur sehr stark abstrahiert möglich.

Wenn Communitys in der Vergangenheit, wie z.B. die Arbeitsgruppe IT der akg (Arbeitsgruppe kommunaler Großkrankenhäuser) interessante Benchmarking-Daten erhoben hatten, durften diese nur intern in den Häusern und die Vergleiche auch nur der Geschäftsführung bekannt gemacht werden.

Da die Kennzahlen der lokalen Mitbewerber ebenso als geheime Verschlusssache behandelt wurden – wenn sie denn überhaupt existierten – waren die eigenen Benchmarks nicht sehr aussagefähig. Weder Anwender noch die Mitarbeiter der IT geben sich mit solchen Ergebnissen zufrieden.

Einige wenige Zahlen sind natürlich trotzdem bekannt und werden gelegentlich gerne für Vergleiche herangezogen, wie z.B. die Kenngröße Personaleinsatz im Endgeräte-Service je Item. Dass hier in aller Regel Äpfel mit Birnen verglichen werden, fällt nur wenigen auf. Denn der Vergleich von IT-Mitarbeitern pro Endgerät oder gar pro Krankenhausbett bildet die Vielfalt und Komplexität der IT-Systeme bei weitem nicht ab. Wie viele Anwendungen werden in einer solchen IT-Abteilung betrieben und bis zu welcher Tiefe? Ist die IT nur der Durchlauferhitzer auf dem Weg zum Lieferanten?

Mit diesem Thema lassen sich ganze Bücher füllen, deshalb kann dieser Beitrag natürlich nur einen Abriss der potentiellen Kennzahlen aufgreifen. Die exemplarisch vorgeschlagenen Controlling-Zahlen sollen aber die sein, die den Kunden (z.B. Kostenstellenleiter) und die IT-Nutzer (Anwender) interessieren sollten.

 

An Leistungsmengen und sonstigen Mengendaten sind Anwender allerdings meist nur dann interessiert, wenn diese einen direkten Bezug zu den ihnen bekannten Items, wie z.B. Endgeräten, haben.

Üblicherweise haben die Anwender großes Interesse an den Ergebnissen und der Akzeptanz geplanter und dann auch umgesetzter Projekte. Die Problematik bei Projekten ist aber vielfach, dass es dabei Gewinner und Verlierer gibt. Die eine Gruppe soll den Nutzeffekt der IT-Lösung erfahren, während andere Gruppen durch diese Lösung eher Nachteile erfahren.

Den Erfolg einer neuen Prozessunterstützung kann man daher nur messen und bewerten, wenn vor der Einführung Prozess-Kennzahlen erhoben wurden, die bei einer weiteren Erhebung im Anschluss an das Projekt Verbesserungen erkennen lassen. Vielfach machen sich Häuser genau darüber keine Gedanken und verfügen nicht über Kennzahlen zur Ausgangslage. Und oftmals werden nicht einmal Zielwerte als Minimal-Erwartung festgelegt.

Allerdings lässt sich auch in solchen Situationen wenigstens die Zufriedenheit der primären Anwender mit dem Ergebnis des Projektes erfassen. Die Budgeteinhaltung stellt auch eine gute Kenngröße dar. Problematisch kann dabei allerdings die Messung des eigenen Personaleinsatzes werden, also des Einsatzes der IT-Beschäftigten, wie auch der Anwender die in dem Projekt mitgearbeitet haben. Denn das erfordert bis zu einem bestimmten Grad die Aufzeichnung der Arbeitszeiten im Rahmen des Projekts, was wiederum Mitbestimmungspflichtig und daher nicht ganz konfliktfrei ist.


Die Kennzahlen lassen sich relativ gut in einer Scorecard darstellen:

 

 

Quellen:

1.       https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/controlling-30235 (last view 15.11.2021)

2.       Tom DeMarco, Controlling Software Projects, Management Measurement & Estimation, (1982), p. 3.

3.       Prof. Martin Kütz, Kennzahlen in der IT, 3. Auflage 2009, dpunkt.verlag Heidelberg

 

 


Co-Autor Jürgen Flemming, Bundesverband der Krankenhaus-IT-LeiterInnen e.V., Mitglied im Vorstand, Pressereferent

 

 


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