Das „Smart Hospital Excellence Forum 2021“ am 22. und 23. März 2021 skizziert die Entwicklung hin zu einem intelligenten und zukunftssicheren Krankenhaus. Keynote Speaker Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen, konturiert Grundgedanken, Rahmenbedingungen und Handlungsfelder, um die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft Realität werden zu lassen. Im Interview mit dem Krankenhaus IT-Journal markiert er einige Kernpunkte.
Das Gesundheitswesen wird – nicht zuletzt durch die COVID-19-Krise – immer digitaler, vermehrt ambulant und vernetzter. Welche Rahmenbedingungen sind vor allem nötig, um die Potenziale der Digitalisierung in Krankenhäusern stärker nutzen zu können?
Prof. Werner: Digitalisierung benötigt in der Tat die passenden Rahmenbedingungen, um ihre volle Kraft zu entfalten. Für die Ebene der Krankenhäuser bedeutet dies, dass zunächst die zugrundeliegenden Abläufe und Strukturen analysiert und in der Folge optimiert werden müssen. Schlechte analoge Prozesse bleiben auch schlecht, wenn man sie digitalisiert. Insofern ist Digitalisierung kein Allheilmittel gegen ineffiziente klinische Abläufe, sondern erfordert zwingend eine gute prozessuale Grundlage. Auf gesundheitspolitischer Ebene brauchen wir zukunftsfähige Strukturen, um mittels Digitalisierung die großen demografischen und finanziellen Herausforderungen zu meistern. Dazu gehört explizit der lange überfällige Breitbandausbau, aber natürlich ebenso eine grundlegende Neuordnung zum vernetzten Gesundheitswesen einschließlich der bereits vor der Pandemie eingeleiteten Konsolidierung der Kliniklandschaft. Die Telemedizin gehört deutlich stärker als bisher in den Fokus. Das sind wesentliche Handlungsfelder, in denen die Modernisierung der Gesundheitswirtschaft Realität werden muss.
Wie ist bei der digitalen Transformation der Anspruch zu verwirklichen: „Die IT muss sich dem Nutzer anpassen, nicht umgekehrt"?
Prof. Werner: Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen, die IT muss sich den Interessen der Patienten und der Beschäftigten anpassen. Welcher Gedanke steckt dahinter? Für mich ist die Digitalisierung kein Selbstzweck, sondern der Schlüssel für eine gleichermaßen humanere und leistungsfähigere Medizin als heute. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die IT eine zentrale Funktion. Gleichzeitig muss sie von den Fesseln eines teilweise überbordenden Datenschutzes befreit werden, um tatsächlich den Menschen zu dienen: exzellente Diagnostik und innovative Therapien für unsere Patienten, Entlastung von patientenfernen Tätigkeiten und mehr Sicherheit für unsere Beschäftigten ist das Ziel. In der Güterabwägung muss Patienten- und Gesundheitsschutz immer Vorrang vor Datenschutz haben.
Was wollen Sie als Referent den Verantwortlichen aus Krankenhäusern auf dem Excellence-Forum vor allem mitgeben?
Prof. Werner: In meiner Rolle als Ärztlicher Direktor der Universitätsmedizin Essen muss ich unternehmerisch denken. So sehe ich täglich, dass Mut und Entschlossenheit die unverzichtbaren Grundtugenden sind, um Dinge zu verändern. Veränderungswille ist aber leider eine Eigenschaft, die im deutschen Gesundheitssystem aufgrund der Vielzahl von divergierenden, sich gegenseitig blockierenden Partikularinteressen nur unzureichend ausgeprägt ist. Das ist auch ein zentraler Grund für Stagnation und die digitale Rückständigkeit unseres Gesundheitswesens. Insofern möchte ich an alle Verantwortlichen appellieren, über den eigenen Schatten zu springen, Denk- und Handlungsmuster aufzubrechen und neue Wege zu gehen. Ich bin davon überzeugt, dass letztlich nur die mutigen, innovativen Krankenhäuser von den großen Chancen der Digitalisierung in vollem Umfang profitieren werden.
„Smart Hospital Excellence Forum 2021“
Das Programm des Excellence Forums von Veranstalter Smart Bridges bietet intensiven Austausch mit renommierten Experten über aktuelle Entwicklungen, Forschungen und Innovationen. Im Fokus stehen Themen wie Prozessoptimierungen und Kosteneinsparungen im Krankenhaus mit digitalen Strategien, Interoperabilität im Krankenhaus sowie Vorteile der Digitalisierung im Krankenhaus für Patienten und Mitarbeiter. Zu den Kernpunkten zählen außerdem Chancen und Risiken in der Medizin durch Big Data und Künstliche Intelligenz KI, automatische Dokumentation von Pflegeprozessen sowie Datenschutz und Ethik in der Medizin.
Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen:
„Insofern möchte ich an alle Verantwortlichen appellieren, über den eigenen Schatten zu springen,
Denk- und Handlungsmuster aufzubrechen und neue Wege zu gehen.“
Themen und ReferentInnen (Auswahl)
Aktueller Überblick zum Smart Hospital
Prof. Dr. Jochen Werner, Medizinischer Direktor, Universitätsklinikum Essen
Prof. Dr. David Matusiewicz, Professor für Medizinmanagement, Direktor des
Forschungsinstituts für Gesundheit & Soziales, FOM Hochschule &
Founder - Digital Health Academy
Digitalisierung am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Campus Kiel
Prof. Dr. Björn Bergh, Leiter der Sektion Medizininformatik und CDO, UKSH -
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Interoperabilität im Krankenhaus
Prof. Dr. Sylvia Thun, Professorin für Informations- und Kommunikationstechnologie
im Gesundheitswesen, Hochschule Niederrhein
Can Machine Intelligence turn us into Healthier People? Rise of Digital Signals and
their Potentials for the eHealth Industry
Dr. Stefan Ebener, Head of Customer Engineering, Google Cloud
Digitalisierung von Pflegeprozessen
Prof. Dr. Martina Hasseler, Professorin Klinische Pflege, Ostfalia Hochschule für
angewandte Wissenschaften
Digitale Kompetenzen – Die Menschen hinter der digitalen Transformation
Dr. Jana Aulenkamp, Ärztin, Co-Founderin, Autorin
Blick über den Tellerrand – Das Smart Hospital in Dänemark am Beispiel des
Universitätskrankenhauses in Aarhus
Lars Ganzhorn Knudsen, Chief Innovation Officer, Aarhus University Hospital, Denmark
Prof. Dr. Wolfgang Deiters, Professor für Gesundheitstechnologien, HSG Bochum
Der Untergang des Radiologen!? – Wenn Radiologie auf Künstliche Intelligenz trifft
Dr. Thomas Görlitz, Oberarzt Radiologe, Facharzt für diagnostische Radiologie,
SRH Kliniken
Die Forums-Teilnehmer erwartet ein intensiver Wissenstransfer. Dazu tragen Vortragsformate und Beteiligungsmöglichkeiten bei wie interaktive Round Tables, spannende Keynotes, aufschlussreiche Best-Practice-Cases, Workshops und kontroverse Diskussionen sowie Vier-Augen-Gespräche mit Lösungsanbietern.
Das Konferenzangebot umfasst u.a. Zugang zum interaktiven Excellence Portal zur Auswahl der persönlichen Agenda, selbstgewählte und individuelle Vier-Augen-Gespräche mit Lösungsanbietern, Teilnehmern und Referenten. Die Durchführung der Veranstaltung findet unter Einhaltung der Hygienestandards (geprüftes Anti-Corona-Konzept) statt.