Es gibt einen ganz neuen Entwurf der Europäischen Kommission um den Umgang mit Daten hinsichtlich der KI zu regeln

Rechtsanwältin Prof. Dr. Alexandra Jorzig, spezialisiert auf Medienrecht

Veröffentlicht 22.06.2021 17:30, Kim Wehrs




Im Gespräch mit Prof. Dr. Alexandra Jorzig, spezialisiert auf Medienrecht, Jorzig Rechtsanwälte


Frau Prof. Jorzig, welche neuen Regelungen gibt es im Kontext des Rechts und der KI?

Es gibt einen ganz neuen Entwurf der Europäischen Kommission, also auf europäischer Ebene, um den Umgang mit Daten hinsichtlich der KI zu regeln. Das ist gerade im Fluss, aber es gibt endlich erstmalig eine Regulatorik, die es bislang nicht gegeben hat. Das halte ich für außerordentlich wichtig, um Leitplanken zu schaffen, wie man mit den Daten umgeht.

Was haben die Verantwortlichen in Krankenhäusern, also die IT-Leiter, die Direktoren usw. zu beachten in Richtung Fallstricke bei neuen Technologien, insbesondere KI?

Sie müssen beachten, ob man ohne weiteres die Daten nutzen kann. Also zur Nutzung der KI, um sie zu trainieren. Man muss also bedenken, wem die Daten gehören. Das ist ein grundsätzliches Problem. Kann der Patient wirklich einwilligen, dass die Daten genutzt werden, kann er eigenständig darüber verfügen? Man muss sich fragen, ob man die Daten ohne weiteres für Forschung nutzen kann. Es gibt in der DSGVO die Öffnungsklausel, dass Daten für Forschung genutzt werden können. Das sind jedoch alles Themen, bei denen man sehr vorsichtig sein muss, damit man sich innerhalb des Rechtsrahmens bewegt.

Wie sieht es mit Open Source und KI-Anwendungen aus?

Das ist ein sehr wichtiges und bewegendes Thema. Da gibt es auch viel Streit, weil wir feststellen, dass die großen Player auf dem Markt, also Google, Apple usw. die Daten wie eine Krake abgreifen wollen und auch entsprechend gute Zugänge dazu haben. Das ist etwas, was man mit unserem Verständnis auf europäischer Ebene nicht gutheißt, man bekommt schnell ein schlechtes Bauchgefühl. Hier muss man wirklich darüber nachdenken, wo wir hinwollen und ob man die Daten so ohne weiteres nutzen darf. Es gibt auch eine Bewegung, die sagt, dass die Daten Open Source zur Verfügung gestellt werden müssen, weil wir in Deutschland ja auch die sogenannte Daseinsvorsorge haben, d.h. der Staat ist verantwortlich für die Gesundheitsfürsorge der Bürger. Und deswegen sollte allen Bürgern die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Wenn es Geschäftsmodelle wären, kämen private Anbieter auf den Markt, die es sich leisten könnten, diese Daten abzugreifen. Aber ginge es dann in die Regelversorgung, hätte dann jeder DKV-Patient Anspruch auf diese Versorgung mit diesen Daten bei dieser Diagnostik? Und so wie unser Gesundheitssystem aufgestellt ist müsste man hier vom Gefühl sagen, dass es eigentlich Open Source sein müsste.

Gibt es im Gegensatz zum Open Source Ansatz auch Perspektiven zu einer Monetarisierung von Patientendaten, sei es seitens der Krankenhäuser oder der Patienten?

Definitiv, da bilden sich gerade Geschäftsmodelle heraus. Aber aufgrund der rechtlichen Unsicherheit traut man sich noch nicht so richtig damit durchzustarten. Doch die Perspektiven gibt es und die zunehmende Ökonomisierung unseres Gesundheitssystems wird grundsätzlich diskutiert. Deshalb ist es auch so wichtig, eine Regulatorik zu bekommen, um zu sagen, in welche Richtung wir gehen. Salopp gesagt: wenn die Daten erstmal weg sind, sind sie weg! Und deshalb ist es wichtig zu schauen, wie man es reguliert bekommt und dann muss man sehen, ob man es in die Fläche bekommt oder ob es ein privates Geschäftsmodell bleibt.


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Das Interview wurde im Rahmen des Kongresses ZUKUNFTSMEDIZIN 2021 am 18.06.2021 am Flughafen Essen / Mühlheim geführt.
Interview: Michael Reiter, Kamera: Julian Reiter.


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