Die Digitalstrategie 2.0 soll laut Bundesregierung einen „umfassenden digitalen Aufbruch“ darstellen. Darin enthalten sind auch Themen des Öffentlichen Sektors sowie des Gesundheitswesens. Michael Pfeil, Sprecher des Arbeitskreises Healthcare der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) ordnet Pläne und Ziele aus DSAG-Sicht ein.
„Aus Sicht des Gesundheitswesen stellen sich uns als DSAG noch Fragen zur Digitalstrategie 2.0 und den darin beschriebenen Zielen bis 2025, etwa: Wer setzt sie um? Mit welchem Anbieter, welchen Softwarelösungen und mit welchen Ressourcen? Krankenhäuser haben schon heute mit vielen Inhouse-Problemen zu kämpfen und mit Blick auf die neuen Vorgaben und Ziele mangelt es nun mehr denn je an einer soliden Basis – sprich administrativen, betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Prozessen – um sie realistisch umsetzen zu können. Innerhalb der Strategie 2.0 vermissen wir zusätzlich die eindeutige Benennung von Bereichen, die die Vorgaben realisieren müssen. Hier muss dringend nachgebessert werden.
Daher bedarf der Healthcare-Sector unserer Meinung nach einer übergeordneten Einheit, die strategisch steuert und die mit Softwareherstellern und staatlichen Institutionen verhandelt. Ein gutes Beispiel bzw. Einsatzgebiet wäre die aktuelle Diskussion um SAP IS-H und i.s.h.med, bei der anstelle der Krankenhäuser eine übergeordnete Stelle mit Softwareherstellern spricht und verhandelt. Schließlich sollten sich essenzielle Einrichtungen der öffentlichen Gesundheitsversorgung nicht dem Gebaren der relevanten Softwarehersteller, Softwareanbieter oder Dienstleister unterwerfen müssen.
Eine solche Einheit würde auch zu einer schnelleren und realistischeren Transformation administrativer Prozesse im Gesundheitsbereich führen. Der momentane Stand bei z. B. der S/4HANA-Transformation widerspricht dem allerdings in Gänze: Viele Einrichtungen machen erst mal gar nichts und schauen zunächst links und rechts, was bei anderen passiert. Als DSAG wissen wir um die Notwendigkeit des Wegs in die Cloud und unterstützen hybride Modelle, um auch weiterhin internes, wichtiges Knowhow aufbauen und Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens bzw. deren Mitarbeitende fachlich auf dem Stand der Zeit halten zu können. Anstelle dessen müssen wir viel Aufwand und Kraft in Diskussionen zur Perspektive von SAP IS-H und i.s.h.med aufwenden und verschwenden wertvolle Zeit, die wir dringend für andere Bereiche wie etwa die Stärkung der Pflege bräuchten. Entscheidungen mit einer solchen Relevanz gehören auf anderen Ebenen besprochen und festgelegt, unter Einbeziehung der politischen Gremien. Ressourcen sind ein wertvolles Gut und müssen auch entsprechend geschützt werden.
Was mich zu meinem nächsten Punkt bringt: Der überall dominierende Fachkräftemangel ist ein Pain Point, der innerhalb der Digitalstrategie 2.0 viel zu weit von den realen Bedingungen entfernt ist. Wir drehen uns hier thematisch im Kreis und niemand schlägt den Knoten durch. Als Interessenvertretung für mehr als 3.800 Unternehmen und Behörden in Deutschland, Österreich und der Schweiz, setzen wir uns bereits seit Jahren aktiv für eine schnellere und einfachere Digitalisierung mit klarem Nutzen für Endnutzer:innen und Bürger:innen ein. Den Worten und Plänen müssen nun aber endlich Taten folgen, denn Corona-Krise und Impfkampagne haben mehr als deutlich gemacht, welche Defizite Deutschland bezüglich der Digitalisierung aufweist. Andernfalls lesen wir in zwei Jahren in der Digitalstrategie 3.0 Ähnliches: quasi alter Wein in neuen Schläuchen.“
Über die DSAG
Viele engagierte Mitglieder aus über 3.800 Unternehmen bilden ein starkes Netzwerk: vom Mittelstand bis zum DAX-Konzern, von der Fachabteilung bis zur CxO-Ebene, quer über alle Branchen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz. Als einer der einflussreichsten Anwenderverbände weltweit sind wir in über 200 Arbeitskreisen und -gruppen organisiert:
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Michael Pfeil, Sprecher DSAG-Arbeitskreis Healthcare: „Schließlich sollten sich essenzielle Einrichtungen der öffentlichen Gesundheitsversorgung nicht dem Gebaren der relevanten Softwarehersteller, Softwareanbieter oder Dienstleister unterwerfen müssen.“