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Warum Systemadministration mehr als Technik ist: Soziales Verhandeln und Care-Arbeit sind zentrale Bestandteile
Category : IT-Management
Published by Kim Wehrs on 01.08.2025 09:00

„Have you tried turning it off and on again?“ (Haben Sie schon versucht, es aus und wieder anzuschalten?) – Dieser popkulturelle Satz aus der britischen Comedy-Serie The IT Crowd hat das Bild von Systemadministrator*innen geprägt wie kaum ein anderer. Die Realität sieht doch so aus:  Die Menschen, die die digitale Infrastruktur am Laufen halten, leisten hochkomplexe Arbeit – technisch, organisatorisch und sozial. Mannat Kaur vom Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken, erforscht diese vielschichtige Tätigkeit und hebt bisher wenig beachtete, sicherheitsrelevante Aspekte hervor.

Die Arbeitssituation von Systemadministrator*innen ist paradox. Einerseits ist ihre Tätigkeit extrem wichtig, denn nahezu alle Organisationen bis hin zu ganzen Gesellschaften sind heutzutage auf stabile IT-Systeme angewiesen. Andererseits, gerade wenn „Sysadmins“ ihre Arbeit gut machen, wird sie unsichtbar. Denn wer denkt schon an sie, wenn alles funktioniert?  Mannat Kaur, Postdoc in der Abteilung „Internet Architecture“ von Direktorin Anja Feldmann am Saarbrücker Max-Planck-Institut für Informatik. erforscht die Rolle von Menschen in sozio-technischen Systemen mit einem Fokus auf Koordination, sowohl zwischen Individuen, als auch zwischen Menschen und Technologie, im Kontext von IT-Arbeit. Die Herangehensweise ist dabei interdisziplinär und speist sich neben der Informatik aus den Sozialwissenschaften, der Psychologie und der Sicherheitsforschung. Dabei werden qualitative und quantitative Forschungsmethoden angewendet sowie feministische Forschungsprinzipien integriert.

In Interviews und Fokusgruppen fand Mannat Kaur heraus: Soziale Verhandlungen sind zentral für die Sysadmin-Arbeit, und das sowohl innerhalb des Teams als auch mit Nutzenden. Hinzu kommt Care-Arbeit: Das umfasst die Wartung technischer Systeme ebenso wie beispielsweise die emotionale Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen in Ausnahmesituationen, etwa bei Datenverlust. Diese sozialen und Fürsorge-Aspekte werden oft marginalisiert, da sie als „feminin“ gelten und deshalb häufig nicht als Teil der „eigentlichen Arbeit“ gesehen werden, obwohl sie entscheidend sind. Diese fehlende Anerkennung führe zu Überarbeitung und Überforderung. „Sysadmins müssen hochgradig koordiniert arbeiten, kommunizieren, Nutzer begleiten, mit Dienstleistern verhandeln. All das ist essenziell und kommt zu den technischen Aufgaben wie Konfigurationen, Wartung, Datensicherung, Aktualisierung und so weiter hinzu“, sagt Kaur. Gerade in der Pandemie stieg dieser kommunikative Aufwand erheblich.
Besonders betroffen: weibliche und nicht-binäre Sysadmins. Sie erleben eine doppelte Unsichtbarkeit, einerseits durch die bereits geschilderte Eigenschaft ihrer Arbeit, andererseits durch strukturelle Ungleichheiten in einer männlich dominierten Branche, in der sie sich besonders beweisen müssen, um als gleichermaßen kompetent wahrgenommen zu werden.

Als zentrale Erkenntnis gibt Mannat Kaur weiter: Ein gerechtes und inklusives Arbeitsumfeld, basierend auf Vertrauen, Kommunikation und Anerkennung, fördert die Sicherheit von Systemen. Daraus werden folgende Handlungsempfehlungen abgeleitet, vor allem für Führungskräfte und Organisationen:
• Die sozialen, informellen und Care-Aspekte von Sysadmin-Arbeit anerkennen und wertschätzen
• Spannungen zwischen Sysadmin-Tätigkeiten und starren Hierarchien sichtbar machen
• Auf das Fachwissen von Sysadmins vertrauen – besonders in hierarchischen Organisationen
• Eine unterstützende, fehlerfreundliche und das lernen fördernde Arbeitskultur schaffen
• Inklusion fördern, indem bestehende Benachteiligungen (männlich dominiertes Feld) erkannt werden

https://www.mpi-inf.mpg.de/departments ... mannat-kaur Webseite von Mannat Kaur.
https://www.mpi-inf.mpg.de/departments/inet Website der Abteilung "Internet Architecture".


Kaur Mannat

Autorin: Mannat Kaur, Postdoc in der Abteilung „Internet Architecture“ von Direktorin Anja Feldmann am Saarbrücker Max-Planck-Institut für Informatik

Foto: Adobe Stock / Vadym