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KI-Umstrukturierungsstrategien: Update oder Entwertung von IT-Fachkräften?
Category : Künstliche Intelligenz News
Published by Kim Wehrs on 09.10.2025 09:50

Der gegenwärtige Umbau vieler IT-Unternehmen folgt einer klaren Logik der Effizienz-steigerung – verkleidet als „KI-Transformationsstrategie“. Große Beratungen wie Accenture, Capgemini, Deloitte und PwC inszenieren sich als Strippenzieher dieser Umstrukturierungen, indem sie KI-Maßnahmen als unausweichlichen Fortschritt verkaufen.

Tatsächlich fungieren ihre Programme eher als Rationalisierungsinstrumente: interne Innovationsteams werden aufgelöst, Belegschaften in kurzer Zeit auf „Transformationsfähigkeit“ geprüft und in Kategorien sortiert – qualifizierbar, ersetzbar oder überflüssig. Dabei laufen Umschulungen oft parallel zu Personalabbauplänen, ohne dass reale Anschlussbeschäftigungen in Sicht wären.

Unternehmen wie Microsoft, IBM und SAP zeigen, wie die Verknüpfung aus Automatisierung, Kostendruck und Beratungslogik funktioniert. Unter dem Titel „KI-gestützte Effizienzprogramme“ werden Entwicklungs- und Supporteinheiten restrukturiert, während gleichzeitig eigene Plattformen und Cloud-Ökosysteme zu Absatzkanälen für genau jene Beratungsleistungen werden, die den Personalabbau verwalten. Der Zyklus ist selbstreferenziell: Beratungen konzipieren Strategien, die wiederum neue Beratungsbedarfe erzeugen – besonders in der Organisation von Weiterbildungsinitiativen, deren Ziel weniger Wissensaufbau als Markttreue ist.

Viele Mitarbeitende erleben den Strukturwandel als technokratisch beschleunigte Konsolidierung. Weiterbildungen werden verkürzt, Inhalte standardisiert, Lernziele auf Tool-Kompetenz reduziert, um den „komprimierten Zeitplan“ der Unternehmensspitze zu erfüllen. Was in Präsentationen als „Human-Centric Reskilling“ bezeichnet wird, ist in Wahrheit ein Prozess sozialer Selektion: KI-Reife wird zur neuen Hierarchie. Besonders in mittelständischen IT-Dienstleistern ersetzt der Fokus auf kurzfristige Skalierung durch KI-Initiativen jede langfristige Personalentwicklung. Das macht die Branche rationaler, aber auch austauschbarer – getrieben von Quartalskennzahlen, nicht von Zukunftskompetenz. In dieser Logik wird Weiterbildung nicht zur Chance, sondern zum Alibi für strategische Entlassungen unter dem Etikett der digitalisierten Erneuerung.

 

Autor: Wolf-Dietrich Lorenz

Symbolbild: Fabio Principe / AdobeStock