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Kliniken warnen vor Einschnitten bei der Versorgung
Category : Politik
Published by Kai Wehrs on 18.11.2025 08:40

48. Deutscher Krankenhaustag vom 17. bis 20. November 2025 

„Der aktuelle Krankenhaus-Index des Deutschen Krankenhausinstituts zeigt, wie drama-tisch die wirtschaftliche Lage der Kliniken ist – und das, obwohl die Daten erhoben wurden, bevor das Sparpaket überhaupt zur Debatte stand. Schon damals rechneten die Häuser noch mit Entlastungen aus dem Transformationsfonds. Trotz dieser Aussicht war die finanzielle Situation vieler Kliniken bereits verheerend“, erklärte der Kongresspräsident Dr. Gerald Gaß bei der Eröffnungspressekonferenz des Deutschen Krankenhaustages in Düsseldorf.

In den kommenden Monaten drohten massive Einschränkungen in der Versorgung. Ein Drittel der Krankenhäuser plane, Personal abzubauen oder Leistungen zu reduzieren, rund 17 Prozent rechneten laut Umfrage mit Verschiebungen planbarer Operationen oder vorübergehenden Stationsschließungen. „Die Gründe sind klar: nicht finanzierte Kostensteigerungen, Fachkräftemangel und politische Fehlentscheidungen. Anstatt gegenzusteuern, verschärfen die aktuellen Sparmaßnahmen der Politik und ausbleibende Entbürokratisierung die Lage weiter“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).

Fast noch schwerer als die fehlenden Korrekturen an der Reform wiegt jedoch der Vertrauensverlust, den die Bundesregierung in den vergangenen Wochen und Monaten selbst verursacht hat. „Zwei Milliarden Euro sollen eingespart werden – nahezu vollständig auf dem Rücken der Krankenhäuser. Von den vier Milliarden Euro, die man uns als Unterstützung in Aussicht gestellt hat, nimmt man 1,8 Milliarden Euro direkt wieder weg. Die Folgen werden sowohl für die Klinken als auch für die Patientinnen und Patienten spürbar sein“, sagte Gaß.

Auch Dr. Sabine Berninger, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe Südost (DBfK), warnte vor den Folgen der angespannten wirtschaftlichen Lage vieler Krankenhäuser. „Das neue Finanzierungssystem mit der zusätzlichen Säule Vorhaltevergütung wird die Situation nicht grundlegend vereinfachen. Statt Entökonomisierung droht eher Bürokratiezuwachs“, so Berninger. Für die Pflege sei das Pflegebudget zwar die längst überfällige Wende: die Pflegepersonalkosten werden vollständig refinanziert, jede eingestellte Pflegefachperson wird tatsächlich bezahlt.

Über Nachbesserungen im Pflegebudget jedoch muss gesprochen werden, vor allem hinsichtlich der Abgrenzung zu pflegeentlastenden Maßnahmen. „Professionelle pflegerische Versorgung und Pflegequalität sind kein Luxus, sie sind kein optionaler Wohlfühlfaktor, sondern die Grundlage jeder sicheren Patientenversorgung. Wenn wir das nicht verstehen und Pflege nicht neu denken, gefährden wir nicht nur die Attraktivität der Pflegeberufe, sondern die Versorgung der gesamten Bevölkerung“, sagte Berninger.

„Wenn bereits heute bei zwei Dritteln aller Krankenhäuser die gesetzlich festgeschriebene auskömmliche Finanzierung nicht mehr sichergestellt ist, dann führen zusätzliche Regelungen, die die Erlöse weiterhin reduzieren bzw. nicht kostengerecht steigen lassen, zu einer weiteren Verschärfung der Lage“, warnte Dirk Köcher, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD). Schon allein die von den Praktikern immer wieder kritisierten Regelungen zur Vorhaltefinanzierung, den Hybrid-DRGs, aber auch die überbordende und anwachsende Bürokratielast werden zu weiteren finanziellen Einbußen führen, denen viele Kliniken nicht gewachsen sein werden. Die geplante Streichung von weiteren 1,8 Milliarden Euro ab 2026 wirkt sich zudem in der Erlösbasis aus und potenziert sich damit in den Folgejahren. „Die einmalige Zahlung der sogenannten Soforttransformationskosten rückwirkend für die Lücke 2022 und 2023 verpufft damit.

Warum nun gerade die Krankenhäuser mit einer dramatischen wirtschaftlichen Negativentwicklung in den vergangenen Jahren das größte zusätzliche Opfer zur Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge tragen sollen, erschließt sich auf Seiten der Verantwortlichen für die Kliniken niemandem“, so Köcher.

PD Dr. Michael A. Weber, Präsident des Verbands leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK), machte deutlich: „Die finanzielle Situation in den Kliniken ist dramatisch. Abteilungen und ganze Kliniken werden geschlossen. Leistungsgruppen werden nicht beantragt, da man weder die Kosten für die enormen strukturellen Vorgaben stemmen, noch die geforderten zusätzlichen ärztlichen Stellen besetzen kann.“ Der KHAG-Entwurf bleibt bisher weit hinter den notwendigen Nachbesserungen für eine praktikable Umsetzung der Krankenhausreform  zurück. Die Länder fordern zwar die richtigen Veränderungen wie eine Erweiterung des Radius in der unsäglichen Standortdiskussion und eine Anpassung von Strukturvoraussetzungen für z.B. Fachkliniken mit eingeschränktem Leistungsspektrum, aber ob sie sich durchsetzen können, ist fraglich. Bei allem Streben nach Zentralisierung dürfen die Verantwortlichen im Bund nicht vor einem drohenden Kollaps der Versorgung die Augen verschließen, wenn nicht  zusätzliche Kapazitäten nach Schließungen von Abteilungen an anderer Stelle realisiert werden. Die Regelungen der Vorhaltefinanzierung, die eine Leistungsminderung favorisieren, sind da kontraproduktiv. In dieser Situation von einer Verwässerung der Reform zu sprechen, zeugt von Unkenntnis über die enormen Probleme, vor denen die Kliniken durch das Ineinandergreifen der Regelungen der Strukturvoraussetzungen stehen, und die auch große Träger vor teils unlösbare Aufgaben stellen. „Eine Krankenhausreform ist dringend notwendig, uns fehlt auch nicht der Mut dazu, aber es besteht noch erheblicher Nachbesserungsbedarf an den vorliegenden Plänen und Gesetzentwürfen“, so Weber.

Der 48. Deutsche Krankenhaustag in Düsseldorf thematisiert auch in diesem Jahr die gesamte Bandbreite gesundheits- und krankenhauspolitischer Fragen – mit besonderem Fokus auf die große Krankenhausreform. In der Auftaktveranstaltung diskutieren Klinikvertreterinnen und -vertreter zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik aktuelle Entwicklungen, Anforderungen an den Kliniksektor sowie die Erwartungen der Krankenhäuser und ihrer Mitarbeitenden im laufenden Reformprozess.

 „Neustart Krankenhauspolitik – Mut zur Veränderung“ lautet das Generalthema des Kongresses, der vom 17. bis 20. November 2025 im Rahmen der weltweit größten Medizinmesse MEDICA in Düsseldorf stattfindet. Die Teilnahme von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken und des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann im Rahmen der Auftaktveranstaltung unterstreicht die herausragende Bedeutung der Kliniken für die Gesundheitswirtschaft. Am 17. November können alle Interessierten ab 12.30 Uhr vor Ort in Düsseldorf oder per Livestream unter www.deutscher-krankenhaustag.de die Eröffnungsveranstaltung mit Gesundheitsministerin Warken und die anschließende Diskussionsrunde mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), Tina Rudolph, Staatssekretärin im Thüringer Ministerium für Soziales, Gesundheit, Arbeit und Familie sowie Prof. Dr. Armin Grau, MdB (Bündnis90/Die Grünen) verfolgen.

Die Besucherinnen und Besucher des Deutschen Krankenhaustages können sich an den vier Kongresstagen auf spannende Debatten mit hochkarätigen Referentinnen und Referenten aus Politik, Kliniken, Krankenkassen und Wissenschaft freuen. Der diesjährige Kongresspräsident Dr. Gerald Gaß, zugleich Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG),wird die breite Themenpalette des Kongresses im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung vorstellen. Ein weiteres Highlight ist die Veranstaltung „Finanzierung im Krankenhaus“ am Montagnachmittag mit einem hochkarätigen Expertenforum für Information und Diskussion rund um die zukünftige Klinikvergütung.

Der Deutsche Krankenhaustag greift am zweiten Kongresstag in der Session „Sind die Kliniken für die Krisenbewältigung bereit?“ ein hochaktuelles Thema unserer Zeit auf. Vorträge wie „Der juristische Resilienz-Plan“, „Was kommt im Rahmen eines bewaffneten Konfliktes im Bündnisfall auf die Kliniken zu?“ oder „Cyberangriff – wie nun weiter?“ stehen dabei im Fokus. Breiten Raum werden zudem Themen wie Künstliche Intelligenz im Krankenhaus, Personalbemessung und Entbürokratisierung einnehmen.

Der Krankenhaustag dient einmal mehr auch als Plattform für einen Erfahrungsaustausch und Diskussionen rund um die Pflege im Krankenhaus. Am dritten Kongresstag werden in der Session „Neustart Krankenhauspolitik – Mut zur Veränderung für neue Wege in der Pflege“ aktuelle Themen wie „Gesundheitssystem unter Druck: Schmerzpunkte, Strukturgrenzen und Chancen“, „Praxis-Check Pflegegesetze“, „Vorbehaltsaufgaben in der Pflege“ oder „Sektorenübergreifende Versorgung 2035“ diskutiert.

Der internationale Kongresstag am vierten und letzten Tag widmet sich der Rolle der deutschen und chinesischen Krankenhäuser im Vergleich. Hochkarätige Expertinnen und Experten aus beiden Ländern zeigen die Potentiale für zukünftige Kooperationen im Gesundheitswesen zwischen Deutschland und China auf und diskutieren Themen wie „KI und Digitalisierung in chinesischen Krankenhäusern“ oder „Krankenhausbau und Notfallarchitektur in China – Relevanz für deutsche Krankenhäuser“.

Detaillierte Informationen zum Kongressprogramm und weitere Informationen finden Sie unterwww.deutscher-krankenhaustag.de. Tickets zum kostenlosen Besuch des Deutschen Krankenhaustages und dem damit verbundenen freien Messeeintritt auf der MEDICA sind unter https://eveeno.com/deutscher-krankenhaustag erhältlich.

Anlage_Krankenhaus-Index_-_Sommerumfrage_2025.pdf [PDF | 582 KB]              

Quelle: © Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.

Symbolbild: Muhammad Hammad Zia / AdobeStock