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Premiere in Thüringen: Neues Endoskopieverfahren POEM verbessert Behandlung von Achalasie am UKJ
Category : Klinik-News
Published by Kai Wehrs on 26.11.2025 15:20

Endlich wieder schlucken. Erstmals in Thüringen: Innovative Endoskopie-Methode am UKJ schenkt Lebensqualität

Als ob immer irgendwas im Hals stecken würde und einfach nicht runter will: So fühlt sich für Julia König fast zwei Jahre lang jeder Versuch an, Ess- oder Trinkbares herunterzu-schlucken. „Dazu hatte ich immer wieder Krämpfe und stechende Schmerzen hinter dem Brustbein, konnte kaum schlafen“, beschreibt sie es. Nach zwei Jahren, die sich für die 31-Jährige aus Jena wie eine Ewigkeit anfühlen, endlich die Diagnose: Achalasie, eine seltene Beweglichkeitsstörung der Speiseröhre. 

Bild: Endlich wieder schmerzfrei schlucken: Dr. Drilon Haziri, Oberarzt in der Klinik für Innere Medizin IV am Universitätsklinikum Jena, erklärt seiner Achalasie-Patientin Julia König den Eingriff mit dem Endoskop. Foto: Szabó/UKJ

Hierbei ist der untere Schließmuskel der Speiseröhre hin zum Mageneingang permanent verkrampft und öffnet nicht mehr richtig. Die Folge: Nahrung staut sich in der Speiseröhre. Hilfe erhält die junge Frau im Universitätsklinikum Jena (UKJ): mit einer neuen, erstmals in ganz Thüringen angewandten Methode, der sogenannten Peroralen endoskopischen Myotomie, kurz POEM. Dr. Drilon Haziri, Oberarzt in der Klinik für Innere Medizin IV, hat das schonende Verfahren bei einem halbjährigen Aufenthalt in Japan erlernt und setzt sein Know-how nun in Jena ein. „Wir schließen damit eine Versorgungslücke in Mitteldeutschland“, sagt Professor Andreas Stallmach, Direktor der Klinik für Innere Medizin IV.

Die Achalasie ist eine sehr seltene Erkrankung, die mit einem hohen Leidensdruck verbunden ist. Pro Jahr tritt sie bei 3 von 100.000 Menschen neu auf. Die Diagnose ist oft langwierig und schwierig. Das weiß auch Haziri und sagt: „Schluckbeschwerden sollten immer ernst genommen werden.“ Diese seien selten psychosomatisch bedingt und müssten daher unbedingt von Gastroenterologen abgeklärt werden. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser sind die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung. Denn je länger die Bewegungsstörung der Speiseröhre anhält, desto mehr schadet sie dem gesamten Organ. Auch wenn es bei Julia König zwei Jahre gedauert hat, bis sie endlich Gewissheit hatte, was ihr fehlt: Ihre Speiseröhre ist noch sehr stabil. Für den neuartigen Eingriff, die POEM, ist Julia König daher eine hervorragende Kandidatin. Gastroenterologe Haziri schlägt seiner jungen Patientin den innovativen und schonenden Eingriff vor. Erstmals keimt wieder Hoffnung in Julia König auf.

Premiere in Thüringen: Schonendes Endoskopieverfahren

Die POEM geschieht rein endoskopisch, ganz ohne offenen Schnitt am Bauchraum, aber in Vollnarkose. Dabei wird ein Endoskop – das ist ein dünner elastischer Schlauch mit einer Kamera am Ende – über den Mund in die Speiseröhre eingeführt, wie man es von einer Magenspiegelung kennt. Ziel ist es, die verkrampften Muskeln an Speiseröhre und Schließmuskel zu durchtrennen. Um dorthin zu gelangen, legt Haziri mit dem Endoskop zunächst eine kleine Öffnung in der Schleimhaut der Speiseröhre an und gräbt sich zwischen Schleimhaut und Muskelschicht wie ein Maulwurf einen kleinen Tunnel bis zum Schließmuskel des Magens vor. Schließlich werden die verkrampften Muskeln über ein Messer, das ebenfalls durch das Endoskop eingeführt wird, durchtrennt und die geöffnete Schleimhaut wird mit Clips wieder verschlossen. 

Für Haziri und sein Team ist der rund 1,5-stündige Eingriff bei Julia König eine Premiere – und ein voller Erfolg. Ein paar Tage muss Julia König zur stationären Beobachtung am UKJ bleiben. Fast täglich kann sie mehr und mehr Speisen zu sich nehmen. Die leichten Schmerzen vom Eingriff sind für Julia König nichts im Vergleich zu den Krämpfen, die sie zwei Jahre lang mehrmals täglich und nachts ertragen musste. Ohne Komplikationen kann sie schließlich entlassen werden. Und ihre wieder gewonnene Lebensqualität genießen. Erst kürzlich war sie das erste Mal wieder in einem Restaurant essen. Ein emotionaler Moment für die junge Frau, wie sie berichtet. „Da kamen mir tatsächlich ein paar Tränen.“ Denn was für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit ist, war für Julia König lange eine Qual. Jetzt nicht mehr. Das ist auch für Drilon Haziri ein schöner Moment – und Ansporn, weiteren Patientinnen und Patienten zu helfen. Geplant ist, einmal im Monat eine POEM durchzuführen.

 

Quelle: Universitätsklinikum Jena

Foto: Szabó/UKJ