Page 45 - KHIT_1_2023
P. 45
A) Es sind nicht 4,3 Milliarden Euro, Man darf auf die InEK-Kalkulationen Derzeit produziert jede „Modernisie-
sondern lediglich 3,6 für Beschaffungen. gespannt sein und wann diese nach 2025 rung“ und „Digitalisierung“ des Gesund-
Die Steuer wechselt beim edlen „Geber“ wohl volle Wirkung zeigen. Ansonsten heitswesens steigende Kosten aufgrund
nur von der linken in die rechte Tasche. werden die Defizite der Kliniken weiter der erforderlichen IT-Infrastruktur, und
B) von den 3,6 Milliarden verbren- steigen – kraft Digitalisierungskosten. zwar erhebliche, zumindest sofern sie
nen Millionen für die verpflichtenden Zum anderen sollte der Staat mehr über die öffentliche Hand verlangt und
bürokratischen Verfahren. Da wäre die Verantwortung übernehmen und nicht eingepreist werden. Interessant ist, wie
Ausschreibungsbegleitung in einem För- stetig auf föderale, häufig nicht standar- dabei so geheimnisvolle „Einsparungen“
dertatbestand: ca. 40-50 TEuro Berater disierte „Industrielösungen“ setzen. Aber von über 40 Milliarden Euro zusam-
für LV und Formfragen, unterschied- das schafft er nicht einmal bei sich selbst, menkommen sollen, wie sie von man-
liche Aufwände für die Ausschreibung oder wie erklärt sich, dass man zuerst ein chen Beratern zuletzt wieder „errech-
(geschätzt 20-40 TEuro inkl. Rechtsprü- nicht-standardisiertes DEMIS-Verfah- net“ (?) und verbreitet wurden. Allein
fung u.v.m.), sinnfreie IT-Dienstleister- ren (Basis RKI) einführen muss, aber die Softwarekosten bei den Herstellern
kosten (via 30 Minuten-Online-Prüfung die gematik dafür in der Folge etwas auf für „Pflichtanwendungen“ im Kontext
bei 2-3 Stunden Gesamtaufwand…) für TI-Basis schaffen soll? Eventuell dop- TI und sonstiger Amtsschimmel gehen
Antragstellung, Verfahrensbegleitung, pelt finanzieren? Was passiert eigentlich derzeit durch die Decke und eine Wahl
Abschlussbericht usw. Nochmal wie viel? mit den Daten? Über die Nachrichten haben die Kliniken nicht. Steht doch im
20-50 TEuro. Die Eigenkosten der Kli- erfährt niemand etwas von den Ergeb- Hintergrund stets ein passendes Gesetz
niken für Administrationsaufwände zu nissen der Aufwände, die sieben Tage je mit illusorischen Terminen angesichts
Projektberichten, Änderungsmeldungen, Woche durch die Kliniken geleistet wer- der behördlichen Bearbeitungszeiten
Verwendungsnachweisen, Zahlungsan- den müssen, und bei deren organisatori- und Malus-Drohungen (bspw. KHZG)
forderungen u.v.m. Macht in Summe je schen Aufwänden die „Digitalisierung“ als „Motivationsanreiz". Wie wäre es
Fördertatbestand mal eben was? 110-180 keinen ernsthaften Vorteil bringt. denn zur Abwechslung einmal mit Nut-
TEuro? Weg! Kein zusätzliches Produkt Oder: 9,90 Euro für eine KIM-E- zen für den Patienten als Anreizsystem?
gekauft, kein weiterer Nutzen geschaffen. Mail-Adresse/Monat, wirklich? TI- Dann wäre der Staat allerdings raus, er
Und da man bei Ausschreibungen auch Dienste, die die Bürokratie entlasten, kann nur Bürokratie.
noch einen Auftragswert angeben muss, aber dem Patienten nichts bringen? Eine Folglich wird sich durch die „Refor-
kennt jeder Anbieter die mögliche Ziel- eAU die letztendlich einen zusätzlichen men“ und die „Digitalisierung“ nichts
größe seines Umsatzes und wird selbst- Prozess beim Arbeitgeber schafft? Ein ändern. Weil sie halbherzig partiell anset-
los spenden. Je nach Verfahren gibt es eRezept, das weiterhin den Patienten als zen, den Staat aus der Verantwortung
zudem keine weiteren Verhandlungsop- Boten nutzt, zumindest sofern er gerade lassen und weiterhin darauf abzielen, die
tionen. Jede freihändige Vergabe bringt Netz hat? Eine ePA, die organisatorisch Krankenhäuser wirtschaftlich auszuhun-
somit nach den Gesetzen der Markt- belastend ist, aber einen kaum nennens- gern. Vorzugsweise damit sie durch eige-
wirtschaft ein deutlich besseres Ergebnis. werten Nutzwert erzeugt, weil Haftungs- nes Versagen insolvent werden und nicht
In erster Linie wird also die deutsche fragen unklar sind und die Vollständig- auf staatliche Anordnung geschlossen.
(Über-)Bürokratie bedient. Dabei wäre keit ohnehin kraft Konzept (oder dessen Das wäre auch schlecht für die nächsten
die Steuer auch ohne den ganzen kosten- Fehlen) nicht zu gewährleisten ist? Es Wahlergebnisse. Für bessere Ergebnisse
intensiven Aufwand ohnehin beim Staat gibt viele regelungsbedürftige Themen würde man ein Konzept benötigen…
geblieben, bei der Beschaffung von Pro- noch aus der letzten Legislaturperiode, Wegen der angestrebten „Wiederwahl“
dukten allerdings mit mehr Nutzen für und zwischendurch wird hinter den möchte jedoch weiterhin kein Politiker
den „Digitalisierer“ und den Steuerbür- Kulissen die Datenübertragung in der ernst zu nehmende Schritte einleiten
ger/Patienten. Unfallversicherung umgestellt. Was Kos- („Abriss“), daher wird das Stückwerk
C) Die 800 Millionen jährlicher ten verursacht, die nicht geregelt sind. mit schlechten Ergebnissen für viel wirt-
Instandhaltungsaufwand (inkl. Steu- Ständig wird der „Fachkräftemangel“ schaftlichen Aufwand weitergehen.
ern rechts/links) müssen ab 2025 zitiert, aber Arbeitnehmerüberlassung
auch irgend woher kommen. Von den durch schlechte Rahmenbedingungen
klammen Kassen? Aus „Sondervermö- in den Kliniken unterstützt (kostet die
gen“ (neudeutsch für „Geld drucken“)? Kostenträger am Ende ja auch weniger…).
Krankenhaus-IT Journal 1 /2023
45