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Der Bundesverband der Krankenhaus IT-Leiterinnen / Leiter e. V.


           Für die Wissenschaft trug der allseits bekannte Prof. Dr. Peter Haas,
           Medizinische Informatik an der Fachhochschule Dortmund, zum Thema
           „Chancen der Cloud-Technologien für eine nationale Gesundheitstelema-
           tik“ vor.
              Kurzfassung des Vortrags (Prof. Haas/Schlegel): Die Telematikplatt-
           form ist derzeit als „Durchleitungsplattform“ konzipiert, um Daten zwi-
           schen Einrichtungen auszutauschen – also ein Datenverschiebebahnhof
           ohne eigene fachliche Anwendungen inhärent. Konzeption und Grund-
           idee stammen aus dem Jahr 2005. 
              In einer innovativen Branche wie der Informationstechnologie ver-
           ändern sich aber Technologien und Möglichkeiten geradezu rasant. So
           bieten z.B. heute Cloud-Plattformen weitaus mehr, als nur Daten zu
           „verschieben“, sondern sind skalierbare, elastische und hochverfügbare
           Plattformen, die nicht nur die Kommunikation von Daten zwischen Ein-
           richtungen ermöglichen, sondern auch ein Ökosystem von granularen
           und individuell für Einrichtungen zusammenstellbare Funktionalitäten
           auf Basis einer modularen „cloud-nativen“ Architektur, die es vielen –   Thomas Dehne, Leiter Geschäftsbereich IT der Universitäts-
                                                                   medizin Rostock und Vorstand IHE Deutschland e.V.: „TI
           auch kleinen innovativen Unternehmen und Spin Offs ermöglicht, ihre   - aus Sicht eines Krankenhauses oder TI - wie wir aus einem
           Anwendungsfunktionen in ein großes ganzes zu integrieren. Eine Cloud-  Krankenhaus viele kleine Arztpraxen bauen“.
           Plattform kann also auch als branchenbezogenes Ökosystem genutzt wer-
           den – für Daten und Funktionalitäten und Datenkommunikationen.
              So gesehen muss und sollte die „TI“ nicht mehr nur als technische   Weitere Schritte in Folge sind z.B.
           Infrastruktur gedacht und entwickelt werden, sondern eben – ganz im    cloud-basierte
           Sinne auch des europäischen gaia-x-Ansatzes, als eine Plattform auf Basis     ■ Leistungsangebots- und Terminplattform
           Gesundheits-IT-bezogener Standards. „Mit Gaia-X entwickeln Vertrete-    ■ Behandlungsprozess-Steuerungskreis
           rinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik auf inter-    ■ Wissens- und Entscheidungsunterstützungs-
           nationaler Ebene einen nachhaltigen Beitrag zur Gestaltung der nächsten   Dienste
           Generation einer europäischen Dateninfrastruktur. Ziel ist eine sichere     ■ Behandlungsbezogene Services
           und vernetzte Dateninfrastruktur, die den höchsten Ansprüchen an digi-
           tale Souveränität genügt und Innovationen fördert. In einem offenen und   Welche Aspekte und Chancen sind unter
           transparenten digitalen Ökosystem sollen Daten und Dienste verfügbar   anderem zu sehen?
           gemacht, zusammengeführt, vertrauensvoll geteilt und genutzt werden     ■  Eine Cloud TI (TARI) als „digitale Arena“ mit
           können.“ (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/gaia-x.html).  domain driven granularen Microservices.
              Eine cloud-basierte nationale Telematikplattform (TARI = Telemati-    ■ Die Konsumierung von Services durch Anwen-
           kAnwendungsRepository & Infrastrutkur) als „anwendungsfunktionale“   dungssysteme und GUI-Services.
           TI ermöglicht allen Einrichtungen und Akteuren eine unkomplizierte     ■ Die stufenweise Umsetzbarkeit von Respository-
           und flexible Teilhabe an der digitalen Medizin.  Erster Schritt muss dabei   Diensten bis zur Behandlungsplattform.
           der Aufbau der für alle Anwendungen und teilnehmenden Primärsysteme     ■ Die Nutzung großer Potentiale für die „Cloudifi-
           wichtigen Respository-Dienste für Semantik, Medikamente, Hilfsmittel   zierung“ der TI durch die Standards HL7, IHE,
           etc. sein.                                                 DICOM und SNOMED.
                                                                       ■ Nutzen der HL7-FHIR-Ressourcen für Entwurf
                                          Prof. Dr. Peter Haas,       & Interoperabilität von Microservices ebenso
                                          Medizinische Informatik an   wie die CDA-Dokumente oder FHIRE-Aggre-
                                          der Fachhochschule Dortmund:   gationsobjekte für strukturierte Persistenz-Doku-
                                         „Chancen der Cloud-Technolo-  mente.
                                          gien für eine nationale
                                          Gesundheitstelematik“
                                                                   Cloud-TI bietet die Chance Community-Plattfor-
                                                                   men aufzubauen, die einen gemeinsamen Wissens-
                                                                   entwicklungsprozess und gemeinsames Wissensma-
                                                                   nagement bis zu einem lernenden Gesundheitssystem
                                                                   ermöglichen. Cloud-TI kann auch Basis und zent-
                                                                   rales Element für regionale digitale Ökosysteme im
                                                                   Gesundheitswesen werden.


                                                                                   Krankenhaus-IT Journal 6 /2021
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