Wie Patientinnen und Patienten zu Medizin-KI stehen

Veröffentlicht 04.09.2025 10:20, Kai Wehrs

Weltweite Studie zeigt Unterschiede in der Akzeptanz Künstlicher Intelligenz - Wie Ärztinnen und Ärzte zu Künstlicher Intelligenz in der Medizin stehen, wurde vielfach untersucht. Aber was denken Patientinnen und Patienten? Das wurde jetzt erstmals in einer großen Studie auf sechs Kontinenten untersucht. Zentrales Ergebnis: Je schlechter der eigene Gesundheitszustand, desto eher wird der Einsatz von KI abgelehnt. Die Studie soll dabei helfen, künftige Anwendungen der KI in der Medizin stärker an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten auszurichten.

Symbolbild: Patientinnen und Patienten befürworteten grundsätzlich den Einsatz von KI in der Medizin, beispielsweise um Informationen aus MRT-Bildern zu ziehen. Wichtig war ihnen allerdings, dass Entscheidungen nach wie vor von Ärztinnen und Ärzten getroffen werden. Vladislav Stepanov / istockphoto.com

Um Künstliche Intelligenz in der Medizin effektiv einzusetzen ist Akzeptanz durch Patientinnen und Patientinnen unverzichtbar, unabhängig davon, ob KI als Diagnosewerkzeug, um individuelle Behandlungspläne zu erstellen oder für sonstige Anwendungen eingesetzt wird. Das internationale Forschungsnetzwerk der COMFORT-Studie hat deswegen rund 14.000 Patientinnen und Patienten in 74 Kliniken in 43 Ländern befragt. Um eine breite Krankheitsvielfalt abzubilden, erfolgte die Rekrutierung in Radiologieabteilungen, die im Auftrag anderer Fachdisziplinen Röntgen-, CT- und MRT-Untersuchungen durchführen.

Eine Mehrheit von 57,6 Prozent sah den Einsatz von KI in der Medizin grundsätzlich positiv. Innerhalb der Kohorte zeigen sich jedoch Unterschiede. Männer wiesen mit 59,1 Prozent Zustimmung eine etwas positivere Haltung als Frauen mit 55,6 Prozent auf. Mit höherer Technikaffinität und höherem selbsteingeschätzten Verständnis von KI stiegt die Zustimmung deutlich. Unter den Befragten, die angaben, viel über KI zu wissen, beurteilten 83,3 Prozent deren Einsatz in der Medizin grundsätzlich positiv.

Negative Sicht auf KI bei schwerer Erkrankung

Je schwerer die eigene Erkrankung war, desto ablehnender war auch die Haltung zu KI. Mehr als die Hälfte Patientinnen und Patienten mit sehr schlechtem Gesundheitszustand sahen Medizin-KI „sehr negativ“ oder „eher negativ"“ (26,6% bzw. 29,2%). Unter den Befragten mit sehr gutem Gesundheitszustand lagen diese Werte dagegen bei 1,3 und 5,3 Prozent.

„Die exakten Gründe für die negativen Haltungen bei schwer Erkrankten lassen sich aus unserer Studie nicht ablesen“, sagt Dr. Felix Busch, Assistenzarzt am Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie der TUM und Erstautor der Studie. „Wir vermuten, dass hier  Erfahrungen mit dem jeweiligen Gesundheitssystem, die Krankheitslast und psychologische Faktoren eine Rolle spielen.“

Nachvollziehbarkeit von Medizin-KI entscheidend

Unter den Befragten gab es klare Präferenzen in Bezug auf den Einsatz und die Gestaltung von KI-Anwendungen. Für 70,2 Prozent war es wichtig, dass Medizin-KI „erklärbar“ ist, das heißt, dass ihre Ergebnisse nachvollziehbar sind. 72,9 Prozent wünschten sich, dass die Technologien als Werkzeuge eingesetzt werden und die letztendliche Entscheidung bei Ärztinnen und Ärzte liegt.

Diagnosen, die ausschließlich von KI getroffen werden, befürworteten nur 4,4 Prozent. Allerdings wollten zugleich nur 6,6 Prozent, dass Diagnosen vollständig ohne KI gestellt werden. Die Fragen bezogen sich auf hypothetischen Szenarien, in dem Mensch und Maschine gleichermaßen präzise Diagnosen stellen. „Die Ergebnisse zeigen, dass Erklärbarkeit von Anfang an mitgedacht werden muss“, sagt Felix Busch.

Grundlage für weitere Studien

Eine methodische Einschränkung ist der Erhebungszeitpunkt im Jahr 2023. „Seitdem haben sich insbesondere Large Language Models stark weiterentwickelt. Die Einstellungen von Patientinnen und Patienten könnten sich verändert haben“, sagt Privatdozent Dr. Keno Bressem, gemeinsam mit Privatdozentin Dr. Lisa Adams Letztautor der Studie. „Um das zu prüfen und die Entwicklung von Medizin-KI am Bedarf der Patientinnen und Patienten auszurichten, sind Folgebefragungen erforderlich“, ergänzt Dr. Lisa Adams. Eine Folgestudie des COMFORT-Konsortiums auf Grundlage des gleichen Fragebogens läuft bereits.

Publikationen

Busch F, Hoffmann L, Xu L, et al. Multinational Attitudes Toward AI in Health Care and Diagnostics Among Hospital Patients. JAMA Netw Open. 2025;8(6):e2514452. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2025.14452

Quelle: Technische Universität München

 

 


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