TU Ilmenau führt internationales Forschungsprojekt an: Schlaganfall-Reha per Telemedizin

Projekt

Veröffentlicht 05.06.2023 11:00, Dagmar Finlayson

In einem großen internationalen Forschungsprojekt entwickelt die Technische Universität Ilmenau eine Telemedizin-Methode, mit der Schlaganfallpatienten die Rehabilitation bei sich zu Hause durchführen können. Dadurch wären Personen, die durch einen Hirnschaden motorische Funktionsstörungen erlitten haben, nicht mehr gezwungen, für die Reha-Maßnahmen ins Krankenhaus zu gehen. In Europa sind solche körperliche Störungen nach einem Schlaganfall ein Hauptgrund für den hohen Pflegebedarf. Das Projekt mit einer Laufzeit von zwei Jahren wird vom Bundesforschungsministerium mit knapp 120.000 Euro gefördert.

Bereits heute gibt es europaweit einen gravierenden Notstand beim Pflegepersonal. Insbesondere in ländlichen Regionen wird es immer schwieriger, eine angemessene medizinische Versorgung und Rehabilitation sicherzustellen. Wenn aufgrund der alternden Bevölkerung altersbedingte Krankheiten stark zunehmen, wird sich die bestehende Krise im Pflegebereich noch verschärfen.

Nach einem Schlaganfall leiden Patienten durch die Schädigung ihres Gehirns häufig unter motorischen Funktionsstörungen. So kann zum Beispiel die Funktion ihrer Arme oder Beine oder die Muskelkontrolle eingeschränkt sein. Wer solche Einschränkungen erleidet, benötigt eine intensive Pflege. Da Physiotherapie und Ergotherapie die Lebensqualität von Schlaganfall-Patienten erheblich verbessern können, wird damit schon im Krankenhaus begonnen. Doch wenn die Betroffenen nach der Erstversorgung nach Hause entlassen werden, reißt die Behandlung oft ab. Konzepte für ein selbstständiges Training der Patienten zu Hause gibt es noch kaum.

Das große internationale Forschungsprojekt TeleRehaBrain („Individualisierte Rehabilitationstechniken für Patienten mit erworbenen Hirnschäden mittels Telemedizin“) will eine sogenannte Proof-of-Principle-Lösung unter Einsatz von Telemedizin entwickeln, mit der Betroffene auf sie persönlich zugeschnittene intensive motorische Reha-Maßnahmen in ihrem häuslichen Umfeld nutzen können. Diese Lösung würde die Machbarkeit einer solchen Behandlung demonstrieren und so die Entwicklung von Telemedizin-Methoden zur Rehabilitation von Schlaganfall-Patienten fördern. Die in der Klinik begonnene Behandlung könnte fortgeführt werden, was einen nachhaltigen Therapieerfolg und eine deutliche Steigerung der Lebensqualität der Patienten zur Folge hätte.

Der Leiter des TeleRehaBrain-Projekts, Prof. Jens Haueisen, Leiter des Instituts für Biomedizinische Technik der TU Ilmenau, sieht in einer solchen digitalen Plattform große Chancen: „Wenn wir ihnen die Reha sozusagen nach Hause bringen, sind Schlaganfall-Patienten wesentlich flexibler: nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich. Und durch die personalisierte und differenzierte Therapie auch viel motivierter, sich anzustrengen.“

Um die Schlaganfall-Reha-zu-Hause zu ermöglichen, werden zwei medizinische Methoden zum ersten Mal weltweit im häuslichen Umfeld eingesetzt: die Echtzeit-Elektroenzephalographie und die transkranielle Elektrostimulation. Dabei werden die Hirnströme in Echtzeit gemessen und analysiert und von den gewonnenen Daten Parameter für eine elektrische Stimulation des Gehirns abgeleitet. Bei der darauf aufbauenden transkraniellen Elektrostimulation werden dann schwache Ströme über an der Kopfhaut angebrachte Elektroden abgegeben, um nach einem Schlaganfall die Umorganisation der Gehirnaktivität zu verbessern. Dabei werden sogenannte trockene EEG-Elektroden für Schlaganfallpatienten erstmals im häuslichen Umfeld eingesetzt. Auf dem Gebiet der trockenen EEG-Elektroden, die ohne die sonst übliche Elektrodenpaste funktionieren, ist die TU Ilmenau weltweit führend. So gehört es zu den Kernkompetenzen der biomedizinischen Techniker um Prof. Jens Haueisen, die EEG-Signale des Gehirns korrekt zuzuordnen.

An dem TeleRehaBrain-Projekt sind unter der Führung der TU Ilmenau das Universitätsklinikum Jena sowie Krankenhäuser, Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus der Gesundheitsbranche aus Litauen, Polen, Serbien, der Ukraine und Ungarn beteiligt. Ist das Forschungsprojekt erfolgreich, strebt die TU Ilmenau an, anschließend mit den Partnern Mittelost- und Südosteuropas ein Netzwerk auf EU-Ebene aufzubauen, das Pioniercharakter bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten im ländlichen Raum besitzt.

Bild: Bei der in Ilmenau entwickelten Methode werden die Hirnströme in Echtzeit gemessen und analysiert und von den gewonnenen Daten Parameter für eine elektrische Stimulation des Gehirns abgeleitet ©Michael Reichel TU Ilmenau

Quelle: Technische Universität Ilmenau


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