Telemedizin, KHZG und reale Gegebenheiten

Interview

Veröffentlicht 03.11.2023 08:50, Kim Wehrs

Durch die Krankenhausreform wollen die privaten Klinikbetreiber die Versorgungssicherheit auch in ländlichen Regionen sichergestellt wissen. Eine qualitativ nachhaltige Verbesserung der Gesundheitsversorgung umfasst den Ausbau der Digitalisierung für das Gesundheitswesen. Impulse dazu gibt der Bundesverband Deutscher Privatkliniken e.V. im Interview mit dem Krankenhaus IT-Journal.

Welche Bedeutung messen die privaten Klinikbetreiber in der Ausgestaltung der Reform dem Ausbau von Informationstechnik im Gesundheitswesen zu?

BDPK: Als BDPK halten wir den Ausbau der Digitalisierung für das Gesundheitswesen essenziell. Die Digitalisierung ermöglicht neue Diagnostik und Behandlungsmöglichkeiten, sie erleichtert die Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren und ermöglicht es den Patient:innen, ihre Gesundheit besser zu steuern, etwa durch Apps und Informationen im Internet. Weitere konkrete Chancen und Vorteile der Digitalisierung für Patient:innen und Leistungserbringer sind die Linderung des Fachkräftemangels, Entlastung von Personal (Electronic Health Record, KI, Digitale Patientenakte), die Optimierung von Patienten- und Behandlungspfaden sowie die Sicherung der flächendeckenden Versorgung (Telekonsultation).


Wie weit kann Telemedizin die Versorgungssicherheit auch in ländlichen Regionen sicherstellen?

BDPK: Für die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in dünn besiedelten ländlichen Regionen haben Kliniken in privater Trägerschaft telemedizinische Netzwerke installiert. Das von der Klinik für Neurologie am Helios Klinikum Schleswig gegründete Telemedizinische Schlaganfallnetzwerk Nord-Ost. Unabhängig davon, in welches Krankenhaus Betroffene nach einem Schlaganfall eingeliefert werden, ermöglicht das Netzwerk jedem Schlaganfall-Patient zu jedem Zeitpunkt die optimale Therapiemethode. Private Klinikträger setzen hier stark auf Kooperationen. So gehören außerhalb der Helios Kliniken auch die Sana Kliniken Lübeck als Zentrum und das Klinikum Nordfriesland zwei Krankenhäuser zum Netzwerk. Das Telemedizinische Schlaganfallnetzwerk Nord macht es möglich, Schlaganfall-Patienten auch in dünn besiedelten Regionen in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sicher zu diagnostizieren und auf fachlich höchstem Niveau zu therapieren. Ein weiteres Beispiel für die Nutzung der Potenziale telemedizinischer Versorgung verdeutlicht das erste digitale Herzzentrum iATROS, eine Kooperation der der Asklepios Klinik St. Georg und der AOK Rheinland/Hamburg. Das zweijährige Programm dient der telemedizinischen Versorgung von Versicherten mit der Diagnose Vorhofflimmern.


Welche politischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Optimierungen sind besonders für regionale Versorgungserfordernisse beim Einsatz von Telemedizin notwendig?

BDPK: Grundsätzlich stehen beim Thema Digitalisierung/ Telemedizin Krankenhaus vor hohen Herausforderungen: der Nachfrageboom in der IT-Branche mit einhergehender Verknappung der Ressourcen. Enorme Preissteigerungen sind die Folge, so dass Kliniken die dringend erforderliche Digitalisierung/Telemedizin nicht zeitnah umsetzen können. Die im KHZG vorgesehenen Fördersummen können deshalb gar nicht abgerufen werden.  Der BDPK hat gegenüber den zuständigen Bundesministerien mehrfach Hinweise und Vorschläge eingereicht, um die Förderung von Digitalisierung/Telemedizin im Rahmen des KHZG realen Gegebenheiten anzupassen. Welche Vorschläge für die Reformpläne legt der BDPK mit Blick auf den Einsatz von Informationstechnik im Gesundheitswesen vor? BDPK: Unabhängig von der Krankenhausreform halten wir als Verband einen Digitalisierungszuschlag für erforderliche Investitions- und Betriebskosten für Krankenhäuser und sowie Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen in Höhe von 2 Prozent des Umsatzes. Ein solcher Zuschlag würde die notwendige finanzielle Grundlage für Kliniken und Rehabilitationseinrichtungen schaffen, um das Ziel der erfolgreichen Digitalisierung gemeinsam zu erreichen. Für Investitionen in eine moderne und sichere IT sind ausreichend Mittel unbedingt notwendig.

Quelle: Krankenhaus-IT Journal, Ausgabe 05/2023
Foto: Adobe Stock / AndSus


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