Beim KH-IT-Clubabend im Februar 2024 nahmen die Teilnehmer den Zwischenstatus des KHZG nach zwei Jahren Laufzeit realistisch unter die Lupe. Die Finanzspritze ist für viele Häuser eine Chance auf Fortschritt im Bereich der Digitalisierung ebenso wie brisante Herausforderung. Anwender-Erwartungen, Bundesländer-Bürokratie und Anschlussfinanzierung ergaben eine spannende Diskussion. Die Moderation des Online-KH-IT-Clubabends übernahm Lars Forchheim, IT-Manager und Vorstand KH-IT Bundesverband der Krankenhaus IT - Leiterinnen/Leiter e.V.
Im Juni 2020 kündigte der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn das milliardenschwere Krankenhauszukunftsprogramm an. Kliniken können damit in moderne Notfallkapazitäten, die Digitalisierung und in ihre IT-Sicherheit investieren. Dafür hat der Bund 3 Milliarden Euro bereitgestellt, die Länder steuern bis zu 1,3 Milliarden Euro bei. Am 31. Dezember 2021 lief die Einreichungsfrist für die Förderanträge ab.
Die Moderation des Online-KH-IT-Clubabends im Februar 2024 übernahm Lars Forchheim, IT-Manager und Vorstand Bundesverband KH-IT
Das Krankenhauszukunftsgesetz KHZG ist für viele Häuser nicht nur eine Chance auf Fortschritt im Bereich der Digitalisierung, sondern auch eine enorme Herausforderung. Dabei geht es sowohl um Verbesserung der internen Prozesse und Arbeitsbedingungen als auch um die Patientenversorgung. Damit steht das Krankenhaus-Management vor der Frage: Wie wird mein Digitalisierungsprojekt zum Erfolg? Strategisches Ziel sollte nicht nur die Verbesserung der internen Prozesse und Arbeitsbedingungen sein, sondern vor allem die Patientenversorgung. „Von den 6 Anträgen, die wir gestellt haben, haben wir 3 fertig. Fertig wird mir man ja nie, wenn man ganz ehrlich ist“, meinte ein IT-Manager realistisch beim Clubabend im Februar 2024.
Wettbewerb von Technologieanbietern
Generell zeigen die Zahlen das große Interesse der Branche. Die meisten Anträge wurden in der Kategorie 3 digitale Dokumentation gestellt. Die Digitalisierung der Behandlungs- und Pflegedokumentation zählt zu den wichtigsten Herausforderungen im Krankenhaus. Auf Platz 2 rangieren Investitionen in Patientenportale. Das wird Kommunikationswege vereinfachen und die Patientensouveränität stärken. Mindestens 15 % der beantragten Fördermittel müssen laut Gesetz in die IT-Sicherheit fließen. Daher liegt diese Förderkategorie mit 776 Anträgen weit vorne.
Ein IT-Manager pointierte die übergreifende Erwartung an neue IT-Werkzeuge. „Damit wird alles besser, höher und schneller. Wenn die Anwender mit den neuen Applikationen schließlich zurechtkommen, stellen sie fest, dass die Applikation nicht ganz den hundertprozentigen Wirkungsgrad hat, den sie sich vorgestellt haben und die 60%-Lösung doch nicht ganz ihr Wunsch war, obwohl es das ist, was der Gesetzgeber vorgeschrieben hat.“
Was IT-Manager nach zwei KHZG-Jahren augenscheinlich freut, ist der durch Digital-Boom und Start-up-Unternehmen entfachte lebendige Wettbewerb von Technologien. Nicht mehr mit Monolithen wollen nun einige der IT-Verantwortlichen die Krankenhauszukunft aufbauen. Sie wollen ihre Vision zur Realität machen: „Dass ich neue Produkte finden werde, die mir einen Freiheitsgrad gegeben, mich von jenen Produkten, die ich nehmen musste, weil es keine anderen gab, befreien werden.“
Unklar: Finanzierung der Folgekosten
Die Zwischenergebnisse des Konsortiums „DigitalRadar“ zeigen, dass es zwei Jahre nach Start noch allerhand zu tun gibt: In der ersten Messung zum digitalen Reifegrad erreichten die Krankenhäuser durchschnittlich einen Score von 33,25 von 100 möglichen Punkten. Der niedrigste Wert lag bei 3,27 Punkten. Vor allem bei der Digitalisierung klinischer Prozesse, dem Informationsaustausch, der Weitergabe strukturierter Daten und der Interoperabilität zwischen den Softwarelösungen gibt es noch jede Menge Luft nach oben. Als Bremse wirkt die Länder-Bürokratie. Dass die Bundesländer unterschiedliche Förderangaben und Einreichungsfristen festgelegt haben und die Bewilligung der Gelder unterschiedlich lange dauert, macht die Situation nicht einfacher.
Die Ursache für den akuten IT-Nachholbedarf liegt auf der Hand: Jahrelang konnten Kliniken aufgrund der mangelnden Investitionsfinanzierung der Länder nicht genug in die Unternehmenssubstanz investieren. Das müssen sie nun aufholen. Die Umsetzung der Projekte steht oben auf der Agenda der Klinikleitung. Es gilt den größtmöglichen Nutzen aus den Fördermitteln zu ziehen und Sanktionen zu verhindern.
Stehen wir mit dem KHZG richtig? Dazu gab ein IT-Manager beim Clubabend zu bedenken: „Wir merken, dass das Thema Finanzierung und gerade der Anschlussfinanzierung und der weiteren Betriebskosten ein spannendes Feld ist und bleibt.“ Die Milliarden des KHZG stoßen die Digitalisierung nur an und lösen Anlaufschwierigkeiten, die Frage nach der Finanzierung der Folgekosten bleibt jedoch ungeklärt. Die Schwierigkeiten kommen, wenn die Finanzspritze endet.
Fristen und Pflichten
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband legten eine Vereinbarung zur Fristverlängerung und zur Umsetzung von Digitalisierungsabschlägen vor. Kliniken können demnach ihre KHZG-Projekte auch nach 2024 abschließen, soweit diese bis Ende 2024 beauftragt wurden. Der Erhebungszeitraum beginnt am 31.12. 2025. In den Jahren 2025 und 2026 müssen die Kliniken die Nutzung der verpflichtenden digitalen Projekte nicht nachweisen. Es
genügt die Beauftragung der entsprechenden Leistungen. Ob und in welchem Umfang Patientenportale, Entscheidungsunterstützungssysteme und andere Pflichtprojekte genutzt werden, müssen Kliniken erstmals zum 31.12.2027 angeben.
Über den Bundesverband KH-IT
Der KH-IT Bundesverband der Krankenhaus IT - Leiterinnen/Leiter e.V. vertritt die Interessen der Krankenhaus-IT Leiterinnen und Leiter. Er macht es sich zur Aufgabe, die Stellung der IT in der Klinik zu stärken im Sinne einer bestmöglichen und wirtschaftlichen Unterstützung der Patientenversorgung. Auf verbandseigenen Veranstaltungen wie den Frühjahrs- und Herbsttagungen oder dem „Clubabend“ sorgt der KH-IT regelmäßig für den Meinungsaustausch über die Zukunft der Krankenhaus-IT, seiner Verantwortlichen und für Diskussionen über die aktuellen Entwicklungen und Trends im Gesundheitswesen.