Die KH-IT-Frühjahrstagung 2024 am 15. und 16.5.2024 im Hofgut Lilienhof - Ihringen (bei Freiburg i. Breisgau) informiert über "Blackout - und dann war es still". Prof. Dr. Peter Bradl berichtet über „Krisen, Katastrophen und andere Bedrohungen für Krankenhäuser“. Im Interview gibt der renommierte Experte und Leiter Krisenstab FHWS, Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt/Würzburg, Institut Rettungswesen, Notfall- und Katastrophenmanagement, erste Impulse.
Foto: Prof. Dr. Peter Bradl, Leiter Krisenstab FHWS, Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt | Würzburg, Institut Rettungswesen, Notfall- und Katastrophenmanagement: „Energieausfall ist ein unerwünschtes Ereignis, das jedoch relativ klar beplant werden kann.“ Bildquelle: Institut Rettungswesen, Notfall- und Katastrophenmanagement (thws)
Wie beurteilen Sie den Status quo bei Krisen, Katastrophen und anderen Bedrohungen für Krankenhäuser?
Peter Bradl: Eine pauschale Aussage zur sogenannten „Preparedness" von Krankenhäusern ist wohl kaum zulässig. Dazu sind Bedrohungslagen zu vielschichtig. Es geht wie bei allen Risiken – nichts anderes sind Bedrohungslagen – darum, deren Hebel und Eintrittswahrscheinlichkeit zu bewerten. Zudem sind Schutzziele zu definieren und zu kommunizieren. Die Festlegung, dass etwa ein Systemausfall nie eintreten darf, unterscheidet sich als Ziel von dem Anspruch, es darf keine Person zu Schaden kommen. Das kann sich auf die gesundheitliche Sicht reduzieren, sollte und muss aber auch weitreichende Aspekte wie der DSGVO mit einbeziehen. Krankenhäuser sind nicht pauschal vergleichbar. Dies gilt für die Anfälligkeit bei Bedrohungen in demselben Maß wie für deren medizinische, pflegerische und organisatorische Leistungsfähigkeit. Sensibilität in Bezug auf Gefährdung muss jedoch bei allen vorhanden sein und das Handeln beeinflussen.
Was ist mit Blick auf Stromausfall sowie weitreichende Versorgungsunterbrechungen und -engpässe zu tun? Wie können sich Krankenhäuser rüsten?
Peter Bradl:Eine Versorgungsunterbrechung darf nicht zum Erliegen der Leistungserbringung führen. Daher gilt es zu prüfen, auf welche Leistungen vorübergehend ohne weitreichende Auswirkungen verzichtet werden kann, welche anders erbracht werden können und für welche eine eigene Energieversorgung unerlässlich ist. Dementsprechend sind Maßnahmen zu ergreifen und bspw. Investitionen vorzunehmen. Unerlässlich ist eine geeignete Kommunikation dessen, was im Ereignisfall geplant ist, damit Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeitende und auch die Öffentlichkeit erkennen, dass die Maßnahmen keine akute Gefährdung für die Beteiligten mit sich bringen, sondern Teil eines geplanten und durchdachten Vorgehens sind.
Welche gewandelten Aufgaben und Anforderungen für das IT-Management ergeben sich durch Stromausfall sowie weitreichende Versorgungsunterbrechungen?
Peter Bradl: Was für die Energieversorgung allgemein gilt, trifft in gleicher Weise auf das IT-Management zu. Nicht alles, was IT-seitig zum Zeitpunkt einer Stromunterbrechung angeboten wird, ist zwingend aufrechtzuerhalten. Klare Prioritätenlisten lassen ein strukturiertes Bearbeiten zu und verhindern, dass in der „heißen Phase“ erst mit Planungen begonnen wird. Dazu zählt auch, dass unverzichtbare Bereich besonderes Augenmerk erhalten und die dortige Architektur entsprechend gestaltet wird. Also besondere Robustheit bei Ausfällen, Rückfallebenen oder dergleichen, aber eben vorzugsweise in den unverzichtbaren Bereichen und nicht pauschal. Auch ein regelhafter Austausch mit anderen Leistungserbringenden im selben geografischen wie auch thematischen Umfeld erhöht die Resilienz hier.
Was wollen Sie den Teilnehmern aus dem Krankenhausmanagement bei der KH-IT-Frühjahrstagung 2024 vor allem vermitteln?
Peter Bradl: Energieausfall ist ein unerwünschtes Ereignis, das jedoch relativ klar beplant werden kann. Dabei ist es für die Menschen vor Ort meist unerheblich, auf welche Ursache die Energieunterbrechung zurückzuführen ist. Die Teilnehmenden sollen auch und besonders die eigenen Systemgrenzen verlassen. Wenn ein Energieausfall meine Partner außerhalb beeinträchtigt, wird das auch in meinem Bereich Folgen haben. Der Rettungsdienst gehört zur Versorgung der Menschen in Notfällen dazu – aber ich im Krankenhaus kann die dort auftretenden Probleme nicht lösen, werde diese aber zu spüren bekommen. Darauf sollten Entscheiderinnen und Entscheider in den Krankenhäusern vorbereitet sein.
Agenda KH-IT-Frühjahrstagung 2024
"Blackout - und dann war es still"
Agendaverantwortliche sind Alexandra Heimel (Organisation, tagung@kh-it.de), Ulrich Wieland (wieland@kh-it-de), Bastian Stockhausen (bastian.stockhausen@googlemail.com), Jan Halbuer jan.halbuer@marienhospital-hamm.de
Keynote: Die unterschätzen Folgen eines überregionalen Stromausfalls für Gesundheitsversorgung Herbert Saurugg |Präsident der Gesellschaft für Blackout- und Krisenvorsorge
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Frank Skubch | IT-Leiter, Dr. von Ehrenwall`sche Klinik | Ahrweiler
Krisen, Katastrophen und andere Bedrohungen für Krankenhäuser
Prof. Dr. Peter Bradl | Leiter Krisenstab FHWS, Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt | Würzburg
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Michael Thoss | Leiter Informationstechnologie und PMO IT, Klinikum Hochrhein | Waldshut-Tiengen
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Im Profil
StartUps 4 HealthCare
Change IT Solutions GmbH | Freiburg im Breisgau
innnow GmbH | Ascheberg
myScribe GmbH | Mannheim
Rheyni GmbH & Co. KG | Bremen
Famedly | Berlin
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Philipp Kleinmanns | SVP Cyber Security, tba | Materna Information & Communications SE
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Timo Gmoser | HPe Enterprise | Frankfurt, Co Referent Uniklinik
NIS 2.0: Umsetzung in Deutschland – Fluch oder Segen?
Maik Wetzel | Strategic Business Development DACH, Deutschland GmbH | Jena
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Charles Kionga | Bechtle, Michael Walouch | Klinikum Schloss Winnenden
Anmeldung
www.kh-it.de/event/Fruehjahrstagung24
Die Tagung findet in Präsenz statt.
Autor: Wolf-Dietrich Lorenz
Foto: Adobe Stock / Jacqueline Weber
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