Impulse, Anforderungen und Perspektiven

beleuchtet von Horst-Dieter Beha, Vorsitzender KH-IT e.V.

Veröffentlicht 19.10.2020 13:00, Kim Wehrs

Die KH-IT-Herbsttagung im virtuellen Gewand – ein Zeichen für eine Branche im Wandel. Neue Impulse, Anforderungen und Perspektiven der IT und seiner Leiter im Krankenhaus beleuchtet Horst-Dieter Beha, Vorsitzender KH-IT Bundesverband der Krankenhaus IT - Leiterinnen/Leiter e.V.

Die Branche ist im Wandel. Wie bewegt sich die Mitgliederzahl des KH-IT?

Horst-Dieter Beha: Seit einigen Jahren hat sich die Mitgliederentwicklung derart eingependelt, dass wir ein stetiges moderates Wachstum sowohl bei den ordentlichen Mitgliedern als auch bei den Fördermitgliedern verzeichnen können. In Zeiten der Konsolidierung bei den Krankenhäusern wie auch bei den Firmen ist das sicherlich ein sehr gutes Zeichen. Die Zahl der IT-Leiter in deutschen Krankenhäusern dürfte aufgrund der Zusammenschlüsse zu Verbünden und Ketten eher rückläufig sein. Um diesem Trend zu entsprechen, vor allem im Hinblick darauf, dass die Bedeutung der IT im Krankenhaus nicht ab-, sondern deutlich zunimmt, haben wir schon vor Jahren vorausschauend unsere Mitgliederstrukturen angepasst. Obwohl der Name des KH-IT vielleicht eine Beschränkung suggeriert, ist es auch möglich, dass leitende und verantwortliche Mitarbeiter aus IT-Abteilungen Mitglied werden können, die nicht IT-Leiter sind. Genauso sind wir auch für leitende Angestellte in der Medizintechnik offen, da
beide Bereiche inhaltlich, in den Häusern zunehmend auch organisatorisch, immer mehr zusammenwachsen. Ob hier eine weitere Öffnung mittelfristig notwendig ist, wird bei uns intern schon seit einiger Zeit diskutiert. Die Mitgliederentwicklung zeigt uns, dass wir derzeit sehr gut aufgestellt sind.

Was bietet der KH-IT an Impulsen für seine Mitglieder aus der IT-Krankenhausführung
zum Thema „Kein Geld und kein Personal“?


Horst-Dieter Beha: Auf diesem Feld sind wir in zwei unterschiedlichen Richtungen aktiv. Die eine Schiene ist die politische. Steter Tropfen höhlt den Stein. Wir werden nicht müde, faktengestützt in der Öffentlichkeit und auch direkt bei Stakeholdern eine Kurskorrektur einzufordern. Dazu gab es unsererseits inzwischen mehrere wissenschaftliche Studien mit entsprechenden aussagekräftigen Ergebnissen. Zu
einen wurde in einem umfangreichen Projekt durch unsere Beirätin Prof. Dr. Anke Simon an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg eine Umfrage zur Anwenderzufriedenheit mit der IT im Krankenhaus durchgeführt. Eines der Ergebnisse war hierbei, dass die Anwender mit der fachlichen und Sozialkompetenz des IT-Personals sehr zufrieden sind, es aber einfach am notwendigen Personal mangelt, um die Vielzahl der Thema in vernünftiger Zeit abarbeiten zu können. Eine zweite Studie, maßgeblich zusätzlich begleitet von Helmut Schlegel, einem langjährig erfahrenen IT-Leiter aus unseren Reihen, zielte direkt darauf ab, den fehlenden Deckungsbeitrag für eine gut funktionierende IT im Krankenhaus deutschlandweit zu beziffern. Beide Untersuchungen sind hinreichend publiziert und verbreitet. Aus meiner Erfahrung lässt sich feststellen, dass immerhin ein zartes Pflänzchen zu wachsen begonnen hat und punktuell Umdenken auch in den Führungsetagen und der Politik zu verspüren ist. Hier sind natürlich noch viel mehr Taten gefordert als bisher.
Dass dies ein sehr langsamer Prozess ist, liegt in der Natur der Sache, wobei die Corona-Krise hierbei helfen sollte, Dinge zu beschleunigen. In der Zwischenzeit tun wir aber auch direkt etwas für die IT-Leiter. Da wir letztlich alle im selben Boot sitzen, macht es Sinn, Erfahrungen untereinander auszutauschen. Alle leben mit derselben Situation und entwickeln ihre eigenen Strategien, damit umzugehen und trotzdem zu schnellen und brauchbaren Lösungen zu kommen. Ein alter Grundsatz in Zeiten der Mangelwirtschaft ist es zusammenzustehen, Erfahrungen und Lösungsmöglichkeiten auszutauschen und sich gemeinsam eine Stimme zu verschaffen. Aus dieser Idee ist der KH-IT vor knapp 25 Jahren entstanden, und sie gilt bis heute. Das physische Zusammenkommen ist in der aktuellen Pandemie deutlich erschwert. Wir mussten deshalb auch schweren Herzens die Frühjahrstagung ausfallen lassen. Um unsere Mitglieder nicht über einen längeren Zeitraum allein zu lassen, haben wir uns zu einer Online-Tagung im September entschlossen.
Das war durchaus nicht so einfach umzusetzen wie es am Anfang schien, denn das gewohnte Format der Präsenztagung in den virtuellen Raum zu verfrachten, ist mit erheblichem organisatorischem und finanziellem Aufwand verbunden, den ein weitgehend auf ehrenamtlicher Arbeit basierender Verband nicht so ohne weiteres stemmen kann. Das Ergebnis kann sich aber, denke ich, sehen lassen. Zusätzlich zu Online-Seminaren loten wir derzeit aus, was mit Präsenzseminaren möglich ist. Auch da sehe ich uns auf einem guten Weg.

Was erwarten Anwender sowie Krankenhausmanagement künftig von einer IT-Abteilung?
Welche strategische Rolle will/soll die IT künftig spielen?


Horst-Dieter Beha: Dass die IT an sich im Krankenhaus inzwischen eine herausragende Rolle spielt, ist in den Entscheidungsgremien wohl fast überall angekommen. Interessanterweise klärt das aber nicht zwingend die tatsächliche Rolle der IT-Abteilung, denn Anforderungen und Steuerungen in Sachen IT kommen in den letzten Jahren zunehmend häufiger von den Anwendern selbst. Sie verlangen nach Soft und
Hardwareunterstützung für ihre Tätigkeiten und wissen recht genau, was sie sich darunter vorstellen, denn IT ist ganz selbstverständlich in den Alltag eingekehrt. Die Rolle der IT-Abteilung hat sich aus Anwendersicht somit teilweise verändert hin zu der Stelle, die dafür sorgen muss, dass all das, was benötigt wird umgesetzt wird und funktionieren muss. Die technischen Details spielen dabei kaum eine Rolle.
Das wird als Kernkompetenz der IT-Abteilung gesehen und ist es ja auch. Diese technischen Details sind aber umgekehrt keine strategische Aufgabe. Insofern findet sich die moderne IT-Abteilung in dem Spannungsfeld, dass sie zwar verantwortlich ist, dass IT beschafft wird, installiert wird und funktioniert, was aber nicht gleichzeitig bedeutet, dass sie die strategischen Prozesse dafür alleine steuern kann. Das
geht nur zusammen mit allen Stakeholdern im Haus und ist insofern eine große Herausforderung, weil einerseits die IT-Landschaft passen muss, um mit relativ geringem Einsatz an Personal und Finanzmitteln als Gesamtes zu funktionieren, dies aber nicht gleichsam im Elfenbeinturm sondern so, dass die konkreten Wünsche der Anwender beispielsweise nach bestimmten Softwareumgebungen und Schnittstellen
dazwischen befriedigt wird. Es ist vor allem die Vielzahl an konkreten IT-Projekten, welche dem IT-Leiter hierbei Sorge macht. Nicht nur, dass die Umsetzung überhaupt personell und zeitlich bedient werden muss, es muss sich insgesamt daraus dann auch eine durch den IT-Support zu bewältigende IT-Landschaft ergeben. Jeder einzelne Anwender im Haus beurteilt letztlich die IT-Abteilung daran, wie gut sie ihrer Dienstleistungsaufgabe nachkommen kann. Das ist dann insbesondere die Hotline, sind die Reaktions- und Lösungszeiten. Bei all dem bleibt für Strategie oft gar nicht mehr viel Zeit. Es kann auch in unserer aktuellen, weiter wachsenden komplexen IT-Welt gar nicht mehr funktionieren, dass eine Stelle allein darüber die Oberhoheit hätte. Die Rolle der IT-Durchdringung ist also strategisch unbestritten, die konkrete praktische Ausgestaltung, auch strategisch, das ist die Erwartung der Anwender an eine funktionierende IT.

Welche berufliche Perspektive hat ein IT-Leiter im mittleren Berufsleben?

Horst-Dieter Beha: Einiges ist in der vorherigen Frage dazu schon gesagt. Durch die gegebene Konstellation wird der ITLeiter als derjenige gesehen, der fachlich beraten kann aber vor allem auch als derjenige, der für die Umsetzung zu sorgen hat und dafür, dass IT und zugehörige Services jederzeit funktionieren. Da umgekehrt IT nicht das Kerngeschäft eines Krankenhauses ist und nie sein wird, steht sie meist nicht im Zentrum, wenn die knappen Geldmittel verteilt werden, es sei denn, dies wird im konkreten Fall von Abteilungsverantwortlichen, vor allem der Ärzteschaft, so gefordert. Somit ist es also ein richtiger Spagat, der da geleistet werden muss.
Ein Höchstmaß an Flexibilität, zeitlich und inhaltlich sowie ein gewisses Maß an Leidensfähigkeit ist dazu erforderlich.IT ist zu einem ganz normalen Business geworden im Laufe der Jahrzehnte. Pioniergeist wie in der Anfangszeit der Achtziger-und Neunzigerjahr ist nicht mehr gefragt. Dabei wird es immer jemanden brauchen, der den Bereich IT verantwortet. Er wird bei gegebener Komplexität immer weniger selbst Hand anlegen können, gleichzeitig aber dafür verantwortlich sein, dass Dinge erledigt werden. Dazu gehört weiterhin das technische und inhaltliche Verständnis, um mitreden zu können, zum Beispiel wenn der Diskurs mit den eigenen Mitarbeitern gefragt ist. Das Berufsbild wandelt sich zum Manager und Politiker und entfernt sich vom Techniker. Ähnlich wie ein Gesundheitsminister ist er dabei Verwalter einer Mangelwirtschaft an Geld und Personal. Das ist eine große Herausforderung und wird es auch in Zukunft bleiben. Wichtig ist vor allem, dass man weiß auf was man sich einlässt und sich darüber im Klaren ist, dass sich die Zeiten gewandelt haben. Wer tendenziell lieber fachlich versierterTechniker sein möchte, was bestimmt nichts Schlechtes ist, der sollte sich nicht nach einem IT-Leiterjob umsehen. Wer im oben beschriebenen Sinne mitreden möchte, der ist an der richtigen Adresse. Ein anspruchsvolles Berufsbild also, bei dem geeignete Bewerber sicher nichtdicht gesät sind.

Autor: Horst-Dieter Beha, Vorsitzender KH-IT Bundesverband der Krankenhaus IT - Leiterinnen/Leiter e.V.
Quelle: Printausgabe Krankenhaus-IT Journal, Oktober 2020


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