Prostata-MRT und KI: Neue Maßstäbe in der Krebsfrüherkennung

Interview

Veröffentlicht 24.11.2024 13:40, Dagmar Finlayson

Die Früherkennung von Prostatakrebs wird durch innovative Technologien wie die multiparametrische MRT (mpMRT) und künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert. Während die mpMRT präzise und nicht-invasiv Krebsherde lokalisiert, optimiert KI die Befundung, beschleunigt Abläufe und erhöht die Diagnosesicherheit. Doch welche konkreten Vorteile bieten diese Verfahren, und wie können technologische Hürden überwunden werden?

Im Interview mit Andreas Lemke, Mitgründer/CEO mediaire, beleuchten wir, wie diese Entwicklungen die Krebsdiagnostik verbessern und gleichzeitig die Patientenversorgung sowie die Effizienz im Gesundheitswesen steigert.

Wie können Technologien wie Prostata-MRT und KI die Früherkennung von Prostatakrebs verbessern, und was sind die konkreten Vorteile gegenüber herkömmlichen Methoden?

Andreas Lemke: Die Prostata-MRT ist derzeit die einzige Methode, die gleichzeitig nicht-invasiv, zuverlässig und sicher ist, wenn es um die Vorsorge und Früherkennung von Prostatakrebs geht. Besonders die multiparametrische MRT, kurz mpMRT, bietet hier große Vorteile, weil sie nicht nur präzise Krebsherde lokalisieren kann, sondern auch hilft, unnötige Biopsien zu vermeiden.

Was KI angeht, ist der Fortschritt enorm: Sie verbessert die Qualität der MRT-Befundung, indem sie verdächtige Bereiche effizienter erkennt und Radiologen bei der Diagnostik unterstützt. KI-Algorithmen sind in der Lage, in den riesigen Datenmengen der MRT-Sequenzen sehr schnell Zusammenhänge zu finden. Das ist etwas, was von Ärzten oft nicht so schnell oder so präzise machbar wäre.

Ein weiterer Punkt ist die Verlaufsbeobachtung. Hier können KI-Systeme aktuelle MRT-Aufnahmen automatisch mit früheren vergleichen und so eine zeitgemäße und engmaschige Kontrolle gewährleisten. Das entlastet im klinischen Alltag enorm und bringt zusätzlich eine objektive Sicherheit in die Beurteilung. Auch die automatisierte Volumenberechnung der Prostata oder verdächtiger Läsionen, ebenso wie die anatomische Segmentierung für Fusionsbiopsien, sind Beispiele, wie KI gezielt unterstützen kann.

Am Ende ist es aber nicht nur die Effizienz, die zählt, sondern auch der direkte Einfluss auf die Patientenversorgung. Frühzeitige Erkennung durch KI kann wirklich entscheidend für den Heilungserfolg sein. Gleichzeitig werden unnötige Folgeuntersuchungen vermieden, und das spart Ressourcen im Gesundheitssystem. Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist auch, dass die KI eine Art ständige Zweitmeinung bietet, was gerade bei Personalmangel eine große Hilfe sein kann. Sollte die Prostata-MRT künftig in ein Screening-Programm aufgenommen werden, könnte die KI nicht nur die Arbeitslast reduzieren, sondern auch sicherstellen, dass die diagnostische Qualität konstant hoch bleibt.

Und dann gibt es natürlich noch Entwicklungen wie KI-beschleunigte Sequenzen, die in Zukunft dazu beitragen können, Engpässe bei MRT-Geräten zu reduzieren. Kürzere Untersuchungszeiten wären für die Patienten angenehmer und würden den Weg für ein breiter angelegtes Screening-Programm erst ebnen.

Welche technologischen Herausforderungen bestehen bei der Implementierung von KI-Lösungen in der Prostatadiagnostik und wie können diese überwunden werden?

Andreas Lemke: Es gibt einige Herausforderungen, die man nicht unterschätzen darf. Eine der größten ist die Integration von KI-Tools in bestehende radiologische Workflows. Das klingt erstmal einfach, aber in der Praxis erfordert das oft technische Anpassungen und natürlich auch Schulungen für die Anwender.

Was ebenfalls eine Rolle spielt, sind die unterschiedlichen technischen Voraussetzungen in den einzelnen radiologischen Einrichtungen. Jede Praxis und jedes Krankenhaus haben ja oft eigene Systeme, und das macht eine einheitliche Implementierung nicht unbedingt leichter. Gerade bei der Prostatadiagnostik kommt noch hinzu, dass KI mit RIS- und PACS-Systemen sowie Fusionsbiopsie-Systemen kompatibel sein muss. Das erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen KI-Anbietern und den Herstellern, damit Schnittstellen reibungslos funktionieren und Daten editierbar bleiben.

Ein weiterer Punkt ist die Finanzierung. Momentan werden die Kosten für KI-Tools in vielen Gesundheitssystemen gar nicht oder nur teilweise übernommen, was die breite Anwendung erschwert. Gleichzeitig ist es technisch anspruchsvoll, robuste KI-Algorithmen zu entwickeln, die mit verschiedenen MRT-Geräten und Protokollen kompatibel sind.

Und natürlich gibt es auch Datenschutz- und ethische Fragen, besonders was die Nutzung von Patientendaten für das Training der KI betrifft. Hier müssen klare und transparente Lösungen gefunden werden, um das Vertrauen der Anwender und der Patienten zu gewinnen.

Wir sind aber zuversichtlich, dass die Vorteile der “Mensch-Maschine-Interaktion” für effizienteres ärztliches Arbeiten und bessere Patient Outcomes diese Herausforderungen mehr als rechtfertigen. Das zeigt uns unsere Erfahrung in über 350 Kliniken und radiologischen Praxen täglich!

Andreas Lemke, CEO mediaire

Wie kann KI die diagnostische Genauigkeit erhöhen und Radiologen entlasten, insbesondere in Regionen mit Fachkräftemangel?

Andreas Lemke: Die Möglichkeiten von KI sind in diesem Bereich beeindruckend. Sie kann Radiologen und Urologen bei der Arbeit deutlich entlasten, indem sie zum Beispiel manuelle Messungen wie Prostata- oder Läsionsvolumina, ADC-Werte oder auch die Erstellung von Schemata übernimmt. Das spart nicht nur Zeit, sondern sorgt auch dafür, dass die Befundung schneller abgeschlossen werden kann.

Außerdem verbessert die automatisierte Bildanalyse die diagnostische Qualität enorm, weil sie die Befunde standardisiert und dabei hilft, präzisere Ergebnisse zu liefern. Das hat auch eine neue Studie zur Prostata-MRT im European Journal of Radiology gezeigt, die den Einfluss von KI auf die Befundung klar belegt. Für die Radiologen bedeutet das, dass sie sich auf komplexere Fälle konzentrieren können, während einfachere Diagnosen von der KI übernommen werden.

Gerade in Regionen mit Fachkräftemangel ist das ein großer Vorteil. Die steigende Nachfrage nach radiologischen Befunden kann so besser bewältigt werden, ohne dass die Qualität darunter leidet. KI wird nie müde, liefert gleichbleibende Ergebnisse und ist in der Lage, auch subtile Veränderungen in den Bildern zu erkennen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Reproduzierbarkeit. KI-gestützte Analysen sorgen für eine gleichbleibend hohe Qualität der Diagnostik, was sowohl für Zuweiser als auch für Patienten eine Verbesserung darstellt. Und nicht zu vergessen: KI kann auch als Trainings- und Testwerkzeug für weniger erfahrene Radiologen dienen, was langfristig zur Qualitätssteigerung beiträgt.

Herr Lemke, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Über mediaire

mediaire entwickelt KI-gestützte Lösungen für die MRT-Bildgebung und legt dabei den Fokus auf die nahtlose Integration von KI in klinische Arbeitsabläufe, um die Effizienz und Präzision von radiologischer Diagnostik zu steigern. Die KI-Produkte des Unternehmens, darunter mdbrain, mdprostate und mdknee, bieten automatisierte Entscheidungshilfen, die die Qualität der Diagnostik verbessern und den klinischen Workflow optimieren. Mit einer starken internationalen Präsenz und neuen Produkten in der Entwicklung ist mediaire bestens aufgestellt, die Zukunft der MRT-Befundung mit KI in der Radiologie voranzutreiben.

Für weitere Informationen: https://mediaire.ai/

Fotos:© mediaire, Leander von Thien


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