Die Nutzenbewertung medizinischer KI-Anwendungen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) stellt hohe Anforderungen an den wissenschaftlichen Nachweis ihres patientenrelevanten Nutzens. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die bestehenden Bewertungsmaßstäbe oft nicht optimal auf die spezifischen Eigenschaften von KI-Technologien zugeschnitten sind. Verantwortliche in Krankenhäusern sollten sich frühzeitig auf die Bewertungsanforderungen vorbereiten.
Während klassische Medizinprodukte häufig in randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) evaluiert werden, sind solche Studiendesigns für KI-basierte Anwendungen aufgrund ihrer kontinuierlichen Lernfähigkeit, der schnellen Iterationszyklen und der Notwendigkeit großer Datenmengen nur begrenzt praktikabel. Diese Diskrepanz erschwert die Aufnahme innovativer KI-Lösungen in die Regelversorgung. Kritisiert wird zudem die lange Dauer des Bewertungsprozesses, die mit der schnellen technologischen Entwicklung von KI nicht Schritt hält.
Die Aufnahme innovativer KI-Lösungen in die Regelversorgung wird durch mehrere Hürden erschwert. Regulatorische Anforderungen, wie die CE-Zertifizierung als Medizinprodukt, sind komplex und zeitaufwendig. Zudem fehlt es an standardisierten Bewertungsverfahren für den Nutzen und die Sicherheit von KI-Anwendungen. Die Finanzierung ist eine weitere Herausforderung, da klare Erstattungswege oft fehlen. Datenschutz- und Ethikfragen bremsen ebenfalls die Implementierung, insbesondere im Gesundheitswesen. Zudem besteht Skepsis bei Ärzten und Patienten hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Transparenz von KI-Entscheidungen. Schließlich erfordert die Integration in bestehende IT-Infrastrukturen erhebliche Anpassungen, was hohe Kosten und technischen Aufwand bedeutet. Diese Faktoren verzögern eine flächendeckende Einführung.
Rahmenbedingungen für den Nutzenbewertungsprozess
Krankenhäuser müssen sowohl rechtliche als auch organisatorische Rahmenbedingungen schaffen, um den Nutzenbewertungsprozess erfolgreich zu durchlaufen. Rechtlich sind insbesondere die Anforderungen der EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) sowie Datenschutzbestimmungen nach der DSGVO zu berücksichtigen. Zudem müssen Zertifizierungsprozesse und technische Validierungen gemäß den Vorgaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingehalten werden. Organisatorisch sind eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen IT, Medizin, Datenschutz und Verwaltung sowie eine geeignete Dateninfrastruktur essenziell.
Verantwortliche in Krankenhäusern müssen sich frühzeitig auf die Anforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vorbereiten, indem sie robuste Evidenzstrategien entwickeln, Datenqualität und -verfügbarkeit sicherstellen und die Integration von KI-Anwendungen in bestehende klinische Prozesse optimieren. Zudem sollten sie regulatorische Entwicklungen und potenzielle Änderungen in der Nutzenbewertung genau verfolgen, um ihre KI-Projekte entsprechend anzupassen. Kooperationen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen können helfen, wissenschaftlich belastbare Studienkonzepte zu erarbeiten. Ein proaktiver Austausch mit dem G-BA und anderen relevanten Institutionen kann zudem die Erfolgschancen im Bewertungsverfahren erhöhen.
Autor: Wolf-Dietrich Lorenz Bild: Adobestock / Yuliia