Wir brauchen jetzt Mut. Wir müssen „all in“ gehen

KH-IT

Veröffentlicht 16.04.2021 05:30, kiw

Der Clubabend des KH-IT findet im monatlichen Turnus statt. Am 14.4.2021 standen unter dem Gesichtspunkt „KHZG“ die Themen Projektmanagement und Personal zur Diskussion. Organisation und IT, digitaler Reifegrad und Mehraufwand waren aktuelle Aspekte - mit offenen Fragen, aber auch einigen Antworten.

Projekte kommen in Schwierigkeiten oder scheitern selten wegen unzureichender Projektmanagement-Tools. Vielmehr mangelt es an der Unterstützung von Process Owner und Sponsoren sowie an Ressourcen. Dazu zählen interne wie externe Fachleute. Woher sollen die Kapazitäten kommen? Der Markt der Beratungen und der Software-Entwicklungshäuser nicht nur in Deutschland ist leer gekauft. Paradox: Geld und die Möglichkeiten sind vorhanden, aber eben nicht IT-Fachkräfte.

Die Fachseite, also Ärzte, Pflege und Verwaltung, versteht oft nicht welche Möglichkeiten die IT bieten kann. Umgekehrt fehlt auch in der IT häufig das Verständnis für die fachseitigen Prozesse und vor allem die Nöte der Anwender. Im Alltag geht unter, was im Projekt aufgenommen werden sollte.

Viel Arbeit für die IT

Eine erfolgreiche Projektphase spiegelt sich besonders bei großen Projekten darin wider, dass Fachkompetenzen aus verschiedenen Abteilungen zusammengeführt werden. Die Verantwortungsbereiche der einzelnen Akteure sollten dabei deutlich voneinander abgegrenzt sein.

Gerade durch die Projekte im Rahmen des Krankenhauszukuftsgesetzes KHZG wird klar, dass in der kurzen Zeit bis Ende 2024 die IT im Krankenhaus besonderen Herausforderungen entgegen sieht.  Auch wenn zahlreiche KHZG-Projekte eigentlich Organisationsprojekte sind, bleibt viel Arbeit an der IT hängen. IT-Projekte haben den Ruf, länger zu dauern, mehr zu kosten und weniger zu liefern als geplant. Die Realität sieht oft genug genau so aus, aber es gibt auch Hoffnung: So manches Projekt verläuft nahezu problemlos und liefert im Budget und rechtzeitig alle geforderten Ergebnisse ab.

 

Strukturen statt Luftnummern

Skepsis ist vorhanden, was die Vorgaben des KHZG betrifft.  Gemäß des KHZG sind mindestens 15 Prozent der gewährten Fördermittel für Maßnahmen zur Verbesserung der Informationssicherheit zu verwenden. Hier könnten „Luftnummern“ entstehen, dann eigentlich würden IT-Verantwortliche andere Schwerpunkte sehen. „Probleme fangen da an, wo die IT aufhört, nämlich bei der Organisation.“ Klare Vorgaben der Geschäftsführung fehlen oftmals. Diese Lücke lässt sich weder mit Software noch mit Geld füllen. Wenn man nicht gewillt ist, Strukturänderungen voranzutreiben, helfen auch keine KHZG-Milliarden. Das düstere Bild hellt sich ein wenig auf, wenn von Steuerungskreisen zu hören ist, in denen zusammen mit der IT auch Geschäftsführung und klinische Fachseite zum KHZG-Projektprogramm aktiv sind.

 

Förder-Probleme in der Praxis

Die Förderung wird zu 70 % vom Krankenhauszukunftsfonds und zu 30 % von den Ländern getragen. Probleme in der Praxis benennen IT-Verantwortliche bei der Förderrichtlinie, geht es um Art und Umfang der Förderung. „Personelle Maßnahmen und anteilige Personalkosten, die im KH entstehen, sind förderfähig sofern sie im unmittelbaren und direkten Sachzusammenhang mit der Entwicklung, der Wartung / Pflege bzw. Abschaltung von geförderten Informations- und Kommunikationstechnologien stehen.“ Offenbar werden Kosten für interne Fachkräfte in der Prozesslaufzeit nicht in allen Bundesländern übernommen. „Wir müssen bei Personal mit zu kurzer Decke leben“, bemängelt ein IT-Verantwortlicher aus Süddeutschland.

 

Prinzip Hoffnung

Das KHZG hat eine Reihe von förderungsfähigen Vorhaben benannt, die von Krankenhäusern entweder freiwillig umgesetzt werden können (z. B. Digitalisierung der Notaufnahme) oder verpflichtend (z. B. Patientenportal für digitales Aufnahme- und Entlassmanagement) bis zum 1. Januar 2025 umgesetzt werden müssen. Was die Kosten nach 2025 betrifft, leben manche Vorstände nach dem Prinzip Hoffnung: „Es wird schon wieder ein neues Programm oder ein neuer Zuschlag kommen.“

 

Reifegrad: Spreu und Weizen

Bestimmte Vorhaben der Muss-Maßnahmen müssen bis zum 1. Januar 2025 in jedem Krankenhaus verpflichtend umgesetzt werden, sonst droht ein Abschlag in Höhe von bis zu 2 % des Rechnungsbetrags für jeden voll- und teilstationären Fall. Befürchtungen sind zu hören: „Wir begeben uns in die Hand der Politik. Wie von der Bundespolitik signalisiert und propagiert wird, sind manche Häuser nicht mehr nötig. Eine Daumenschraube auf Blick Ausschreibung und Umsetzung der Fördermittel besteht.

Der Stand der Digitalisierung der Krankenhäuser – ihr „digitaler Reifegrad“ – soll jeweils zum 30. Juni 2021 und zum 30. Juni 2023 evaluiert werden.

Das Reifegradmodell und die damit verbundene Evaluationsforschung verfolgt zum einen das Ziel zu eruieren, in wie weit sich der digitale Reifegrad der geförderten Krankenhäuser im Zeitraum Juni 2021 bis Juni 2023 durch die (Teil-)Umsetzung der Fördervorhaben verbessert hat, aber auch, inwieweit nicht geförderte Kliniken das Krankenhauszukunftsgesetz als Anlass genommen haben Maßnahmen umzusetzen, um ihren digitalen Reifegrad zu verbessern. 

Nach 2025 kann sich bei deutschen Kliniken die Spreu vom Weizen trennen. Die Ergebnisse eines flächendeckenden Überblicks des digitalen Reifegrades der Krankenhäuser in Deutschland werden zu einer aggregierten Analyse zusammengefasst und können so dafür genutzt werden, aufzuzeigen, welche konkreten digitalen Maßnahmen einen entscheidenden Beitrag zur umfänglichen Verbesserung des digitalen Reifegrades (Binnen- sowie Außendigitalisierung) beitragen, um hieraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. Es stellt sich heraus, wessen Daseinsberechtigung abgelaufen ist. Sicher werden nicht alle, die das Klassenziel Reifegrad verfehlt haben, verschwinden müssen. Provokative Thesen schaffen Aufmerksamkeit. So empfahl etwa die Bertelsmann-Stiftung dem deutschen Krankenhauswesen in einer Studie eine Radikalkur. Von den knapp 1.400 in den Landeskrankenhausplänen aufgeführten Kliniken solle ein Großteil geschlossen werden. Blieben deutlich weniger als 600 größere und bessere Kliniken erhalten. Seit Jahrzehnten ist es erklärter politischer Wille, die Zahl der Krankenhäuser zu reduzieren, die hierzulande im internationalen Vergleich hoch sein soll. Überleben sollen »wirtschaftlich arbeitende« Kliniken, defizitäre Häuser sollen pleite gehen.

Beim Clubabend des KH-IT pointierte ein IT-Verantwortlicher: „Das sage ich der Geschäftsführung. Wir brauchen jetzt Mut. Wir müssen „all in“ gehen.“

www.kh-it.de

Autor: Wolf-Dietrich Lorenz

 


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