Innovation und Technologie im Krankenhaus

Perspektiven für den CIO - Summary Referat

Veröffentlicht 21.10.2020 13:30, Kim Wehrs

Das Ziel für den IT-Verantwortlichen lautet: Business Provider. Stephan Happ, Verantwortlicher für die Querschnittsfunktion Innovationsmanagement in Mannheim, skizziert den Weg aus der Funktionsverantwortung zur Transformationverantwortung. Für die Digitalisierung muss ein Umdenken in den Köpfen der Führung wie auch bei den Mitarbeitern stattfinden.

Der CIO muss aus der Funktionsverantwortung zu Transformationverantwortung für die Digitalisierung.
Was bedeutet das genau? Welche Chance bietet dieser Change?


Stephan Happ: Die IT wird die verantwortliche Instanz für die Digitalisierung in den Kliniken sein. Es reicht dabei nicht aus, dass die IT die kurz- und mittelfristigen Projekte aus der Unternehmensstrategie ableitet und zielorientiert umsetzt. Der Pfad der IT geht weg von dem Schattendasein des Technical Providers: sie entwickelt sich durch Service- und Kundenorientierung zum Businessprovider. Dabei stellen die IT-Kolleginnen und -Kollegen nicht selten den IT-Betrieb in den Vordergrund und berufen sich auf Standards, Sicherheit und Kosten. Den Ruf des Verhinderers hat man sehr schnell inne. Die IT darf also nicht mehr der reine Auftragsempfänger sein. Als Business-Provider muss der CIO sicherstellen, dass er Management-Verantwortung übernimmt und sich als Scout und Initiator auf oberster Ebene in die Gestaltung der Unternehmensstrategie einbringt. Nie zuvor war die Chance in dieser Art und Weise da: wer sonst könnte die aktive Rolle des Business-Strategen füllen und Einfluss auf die Unternehmensstrategie nehmen, sodass das die Digitalisierung dort zentral positioniert wird?
Einer der Schlüssel hierzu wird es sein, dass der CIO den Innovationsmotor des Unternehmens in der IT etabliert und Verantwortung als Business-Innovator übernimmt. Wenn es die IT schafft Dinge entstehen zu lassen, die nicht existierten und damit Einfluss auf die klinischen Kernprozesse nimmt, kann Sie Innovation auf Geschäftsseite schaffen. Sobald die IT Dinge tut, die das Unternehmen voran bringen, kann der CIO als Business-Stratege die Geschicke des Krankenhauses mit gestalten. Walid Sbaih, Operativer Leiter MaLu-IT, kommentiert: „Es entstehen Mehrwerte im Unternehmen, und die IT wird mit Stärke und Professionalität wahrgenommen.“

Welche besonderen Herausforderungen für die IT der Krankenhäuser stellen sich bei Innovation,
welche bei Technologie?


Stephan Happ: Die Technologie steht heute im Fokus, alle Kräfte werden darauf ausgerichtet. Dies ist nicht zuletzt deswegen der Fall, da es meist an den notwendigen Ressourcen mangelt. Selbst wenn man die Budgets sicherstellt um neue Technologien zu etablieren, fehlt es oft an ausreichend Personal, welches die Projekte adäquat umsetzt oder nach Projektabschluss in der Linie den daraus resultierenden Service
sicherstellt. Der Faktor Zeit wirkt dahingehend auf die Situation ein, da die Krankenhäuser bei der Technologie nicht am Zahn der Zeit agieren. Mit Blick auf den „State Of The Art“ der Industrie stellen wir fest, dass weiterhin ein Versatz von mehreren Jahren zu erkennen ist. Notwendige Technologie, beispielsweise zur Sicherstellung der IT-Security und erwartete Technologie, beispielsweise zur Erleichterung der
Arbeitsabläufe in den klinischen Kernprozessen, bestehen parallel und zwingen die Krankenhausleitung und insbesondere den CIO in eine Priorisierung, die letzten Endes zu einem erneuten Zeitversatz bei niedrig priorisierten Implementierungen führt.
Bei innovativen Themen stellt sich eine andere Herausforderung dar: es reicht nicht aus, gute Ideen zu haben und diese eben einmal in der Mittagspause auszuprobieren. Eine gute Idee alleine bringt dem Krankenhaus in den wenigsten Fällen einen mittel- oder langfristigen Mehrwert. Es geht darum reale Leistungen am Markt – am Beispiel Krankenhaus beschreibt der klinische Kernprozess einen potentiellen
Markt - zu etablieren, sodass man Devices, Methoden oder Materialien entdeckt, erfindet, einführt, anwendet und institutionalisiert. Die Grundlage dafür ist die Kreativität, welche in jedem von uns in unterschiedlichem Maße zur Verfügung steht und dann zum Vorschein kommt, wenn wir uns frei fühlen und fern von Druck unseren Gedanken den eigenen Lauf lassen. Es stellt sich also die Frage, wie man den Kolleginnen und Kollegen in der IT Freiräume zu Verfügung stellen kann, ohne eine zu mindere Qualität in IT-Projekten oder bei IT-Services zu generieren.
Wir stellen heute fest, dass der Stand der Technologie in den Krankenhäusern und der damit verbundene „Nachholbedarf“ diametral dem professionellen Innovationsmanagement entgegensteht, da die Kolleginnen und Kollegen Zeit benötigen, um beide Themenblöcke ergebnisorientiert zu bedienen.

Neueste Technologien sollen Kliniken nutzen, um Prozesse optimal zu unterstützen. Wie ist der Spannungsbogen zwischen Innovation und Wirtschaftlichkeit sowie Qualität(sverlusten) aufzulösen?

Stephan Happ: Die Kolleginnen und Kollegen in der IT verfügen über ungeahnte, kreative Potentiale, die oftmals nicht in Vorschein treten. Neue und nützliche Ideen entstehen selten zwischen Tür und Angel – wenn diese entdeckt werden fehlt es oft daran diese zu benennen und es fehlt an der Zeit, diese einzuführen. Auch ist oft nicht bewusst, wie man mit einer neuen Idee richtig umgeht. Seitens der Leitung
der Informationstechnologie gilt es, an drei Stellen zu unterstützten.
In erster Linie müssen Freiräume geschaffen werden die den Mitarbeitern die Möglichkeit geben, kreativ zu sein. Die Leitung kann Wege finden, beispielweise durch Standardisierung mit IT-Service- und Projektmanagement, die Ressource Zeit anzubieten. Räder die bereits erfunden wurden, kann man nutzen. Es geht also darum, Dinge für die es bereits Methoden gibt, endlich umzusetzen um sich nicht damit aufzuhalten. Freiräume entstehen in den Köpfen nicht alleine durch ein Mehr an Zeit – es ist darauf zu achten, dass die Kolleginnen und Kollegen ohne Druck ihrem Job nachgehen können. Die passenden Aufgaben und eine Umgebung in der man sich wohl fühlt können Beispiele hierzu sein. Im Anschluss dürfen die Kollegen mit Ihrer Kreativität nicht alleine gelassen werden. Die Empfehlung besteht darin, die
Kollegen abzuholen und deren Ideen mit professionellem Innovationsmanagement gemeinsam und im Sinne aller Beteiligten zu wirklichen Innovationen zu entwickeln. Dazu gehört auch, dass die Anwender mit ins Boot geholt werden. Veränderungen im Kernprozess, welche Verbesserungen herbeiführen, werden von niemandem abgelehnt. Im Gegenteil: wir haben festgestellt, dass die Anwenderseite maximal
unterstützt, sobald Mehrwerte in Aussicht gestellt und generiert werden. Hierbei finden sich Optionen in allen Ressourcenbereichen: Personal, Budget und Zeit. Die Richtung dafür weist Freddy Bergmann, Kaufmännischer Geschäftsführer der Universitätsmedizin Mannheim UMM: „Seitens der Geschäftsleitung darf die IT nicht als Kostenfaktor, sondern muss als Mehrwertfaktor verstanden werden." Zuletzt braucht es bei Innovation ein Umdenken in den Köpfen der Führung wie auch bei den Mitarbeitern, denn diese fordert in der Natur der Sache maximale Flexibilität und höchste Geschwindigkeit. Zwangsläufig werden sich
starre Aufgabenbereiche entlang der Technik zu flexiblen Einsatzbereichen entlang der Bedarfe der Kunden verändern.
Spätestens wenn dies mit enormer Geschwindigkeit geschieht, führt diese einzigartige Veränderung vorerst zu Qualitätsverlusten. Dies muss von allen verstanden akzeptiert und supportet werden. Nicht zuletzt ist die Etablierung einer gesunden Fehlerkultur ein weiterer Schlüssel der Mitarbeitermotivation, Dinge auch unter der Gefahr des Scheiterns zu probieren.

Autor: Stephan Happ, Innovationsmanagement, Innovation & Technologie Rhein Neckar LU GmbH
Quelle: Krankenhaus-IT Journal, 04/05-2020 /Summary Referat der KH-IT Herbsttagung


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