Impfstoff gegen Corona wäre ohne den Einsatz von KI niemals so schnell erfunden worden

Prof. Dr. Thomas Druyen, Leiter Institut für Zukunftspsychologie und Zukunftsmanagement IZZ

Veröffentlicht 22.06.2021 18:00, Kim Wehrs




Im Gespräch: mit Prof. Dr. Thomas Druyen, Leiter Institut für Zukunftspsychologie und Zukunftsmanagement IZZ Siegmund Freud Privat-Universität Wien


Herr Prof. Druyen, womit beschäftigt sich die Zukunftspsychologie konkret im Kontext der KI?

Wir untersuchen seit ca. 7,8 Jahren die psychologischen Auswirkungen der KI, der Digitalisierung, der Robotik, der Exponentialität. Also das, was wir bei Corona gelernt haben, wenn alles im Verborgenen ist und es plötzlich es einen Virus gibt, der die ganze Gesellschaft verändert. Wir schauen, wie das alles auf die Generationen wirkt. KI ist schwer greifbar. Für Leute, die sich auskennen ist es „klar wie Kloßbrühe“. Also jüngere Generationen, die mit diesen Dimensionen von künstlicher Intelligenz, mit Algorithmen und überhaupt mit allen technischen Geräten viel spielerischer und sicherer umgehen, haben hier keine Berührungsängste. Doch je älter die Leute sind, umso mehr ist das Neue eine psychologische Bedrohung, wobei es natürlich auch immer Ausnahmen gibt. Wenn man Dinge kennt und es gut läuft, wenn man sein Leben gestaltet hat und viel weiß, stellt man plötzlich fest, dass sich in den vergangenen Jahren immer mehr Unerwartetes vollzieht, das ohne KI gar nicht denkbar wäre. Selbst der Impfstoff gegen Corona wäre ohne den Einsatz von KI niemals in dieser kurzen Zeit erfunden worden. Wir haben eine KI, die unser aller Leben fundamental verändern wird und bereits verändert hat. Wir haben auch Institutionen in Deutschland, so wie das Max-Planck-Institut, die sich mit KI auseinandersetzen und international führend sind. Aber da für viele KI noch eine Bedrohung darstellt, ist es in der breiten Bevölkerung noch nicht so angekommen wie es hätte ankommen müssen.

Und wenn wir das runterbrechen auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden in Krankenhäusern, auf die verschiedenen Zielgruppen, was gibt es da zu tun in Richtung Information, Kommunikation, Education?

Da liegt ein enormes Aufklärungspotenzial. Gerade in Krankenhäusern, wo so viel so nah am Menschen geleistet wird, ist die Arbeit eben vor allem menschenzentriert. Kommt man da mit KI und technischen Geräten, wird das schon als seltsam empfunden. Aber die Zeit der Behandlung, die man durch technische Geräte gewinnt, um sich dann dem Menschen wieder mehr zuwenden zu können, ist durchaus ein Erfolg. Und das ist ein großer Vorteil, den man den Leuten klar machen muss. Aber intellektuelle Vorträge und die Vorstellung toller technischer Geräte, die vielleicht sogar einen Arbeitsplatz bedrohen, helfen da leider gar nicht. Es geht um Aufklärung, doch leider ist die KI immer noch kein Schulfach. Aber KI gehört zur Breitenbildung und muss gerade im Gesundheitswesen etabliert und umgesetzt werden, da hier unfassbar große Schritte zu erwarten sind. Das ist unser aller Aufgabe.

Sind denn KI und Empathie Gegensätze oder kann man hier an Synergieeffekte denken?

Das ist eine interessante Frage, ob das Gegensätze sind. In unserem Institut arbeiten wir mit Avatar-Technologien. Wir lassen zum Beispiel in einem 3D-Umfeld Fotos von uns machen, dann bin ich als Avatar in einem dreidimensionalen Raum und kann mit anderen Avataren weltweit arbeiten. Man kann so auch mit einem Patienten sprechen, obwohl die Ärzte auf verschiedenen Kontinenten sind. Empathie auf der Plattform der KI ist eine Möglichkeit und schließ sich überhaupt nicht aus. Aber um das zu verstehen, muss man schon praktisch damit gehandelt haben. Ansonsten klingt das ein bisschen absurd. Die KI ist nicht der Feind unserer natürlichen Intelligenz, sondern man muss die KI, die sich sprunghaft weiterentwickelt, als unser Assistenzsystem sehen. Es erweitert und kompensiert unsere Schwächen. KI ist eine große Neuerung in unserer Geschichte, aber wir müssen sie mit vollem Bewusstsein aufnehmen.

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Das Interview wurde im Rahmen des Kongresses ZUKUNFTSMEDIZIN 2021 am 18.06.2021 am Flughafen Essen / Mühlheim geführt.
Interview: Michael Reiter, Kamera: Julian Reiter.


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