Urologie des Dresdner Uniklinikums erweitert mit neuer Da Vinci-Generation Spektrum der roboterassistierten Chirurgie

Dresden

Veröffentlicht 14.04.2022 09:10, Dagmar Finlayson

Nach einem intensiven Trainingsprogramm im Dezember 2021 haben Ärzte der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Anfang 2022 die ersten Operationen mit dem neu erworbenen OP-Robotersystem „Da Vinci Xi“ vorgenommen. Das Gerät löste das 2014 in Betrieb genommene Vorgängermodell ab. Der damit verbundene Innovationssprung ermöglicht Professor Thomas und seinem Team, mit dem schonenden, minimalinvasiven Verfahren komplexere Operationen vorzunehmen. Die im neuen System vorhandene hochmoderne Verwaltungsplattform für elektronische Medien verbessert zudem die Ausbildung in der robotischen Chirurgie und ermöglicht vielversprechende Perspektiven für klinische Studien.

Die nun variabel einsetzbare Optik ermöglicht in Kombination mit der optimierten Beweglichkeit aller vier OP-Arme ein erweitertes minimalinvasives OP-Spektrum mit Verkürzung der OP-Zeit. Finanziert hat das neue System die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) nach einer eingehenden Begutachtung. Ausschlaggebend für den positiven Bescheid war der große operative Erfahrungsschatz der Klinik für Urologie verbunden mit einer hohen wissenschaftlichen Aktivität. Neben den jährlich mehr als 360 Eingriffen mit dem bisherigen „Da Vinci“ operierte die Klinik rund 3.600 Patientinnen und Patienten offen, so dass sie das Potential hat, die unterschiedlichen Verfahren wissenschaftlich miteinander zu vergleichen. Das neue System ergänzt die Ausstattung der Hochschulmedizin Dresden: Je ein weiteres Gerät steht im Experimental-OP des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) sowie in der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie. Die Uni-Frauenklinik nutzt den Da Vinci der Urologie mit und nutzt ihn jährlich für rund 50 roboterassistierte Operationen.

Trotz der innovativen Technologie behalten die den „Da Vinci Xi“ bedienenden Menschen die Hoheit über die chirurgischen Instrumente. Genau besehen ist das Gerät ein robotisches Assistenzsystem, das dem Operierenden das direkte Halten und Bewegen der Instrumente abnimmt. Der OP-Roboter übersetzt größere, über zwei joystickartige Griffe ausgeführte Handbewegungen in kleinste zitterfreie Schnitte. Dadurch ist es möglich, hochkomplexe Eingriffe in feinsten Organ- und Gewebestrukturen auszuführen und noch funktionserhaltender zu operieren. So ist beispielsweise bei Prostata-OPs das Ziel, bekannte Risiken wie Inkontinenz und Impotenz noch weiter zu minimieren. Durch die bei allen Dresdner Geräten vorhandene Konstellation mit jeweils zwei Bediener-Konsolen können zudem, ähnlich wie in einem Fahrschulauto, ärztliche Kolleginnen und Kollegen in den neuesten OP-Techniken ausgebildet werden.

„Der neue ‚Da Vinci‘ ermöglicht es uns, nun noch komplexere Operationen mit diesem präzisen wie schonenden System vorzunehmen“, sagt Prof. Christian Thomas, Direktor der Klinik für Urologie des Dresdner Uniklinikums. „Das Gerät erlaubt es uns, einen weiteren Schritt in der minimalinvasiven Chirurgie zu gehen. Damit können wir die Bandbreite an komplexen und rekonstruktiven urologischen Operationen in der Bauchhöhle erweitern.“ So können künftig kombinierte Eingriffe – etwa der Niere und des Harnleiters – mit einem operativen Zugang vorgenommen werden. Dank der hohen Zahl an Patientinnen und Patienten und dem langjährigen Erfahrungsschatz in der roboterassistierten Chirurgie – der erste Da Vinci des Dresdner Uniklinikums wurde 2006 in Betrieb genommen – gehört das Dresdener Team bundesweit zu den Routiniers auf dem Gebiet der robotischen Chirurgie. Dieses Know-how geben die Ärztinnen und Ärzte um Prof. Thomas auf den Symposien der Deutschen Gesellschaft für Roboter-assistierte Urologie weiter. Hier können Operationen mit dem Da Vinci Xi live übertragen und kommentiert werden. Die Veranstaltung wird im Jahr 2023 in Dresden stattfinden.

Mit jährlich rund 4.000 Operationen gehört die Klinik für Urologie des Dresdner Uniklinikums zu den größten Einrichtungen ihrer Art. „Damit sind wir in der einzigartigen Lage, den Stellenwert der OP-Robotik in Rahmen von Studien wissenschaftlich zu überprüfen“, sagt Prof. Thomas. Das war einer der Gründe für das positive Votum der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), den Erwerb des neuen Da Vinci Xi zu finanzieren. „Mit den nunmehr drei hochmodernen OP-Robotern nimmt die Hochschulmedizin Dresden über die Grenzen Deutschlands hinaus eine Spitzenstellung ein. Die Geräte sind für uns keine Prestigeobjekte, sondern werden ganz gezielt in der hochqualitativen Krankenversorgung eingesetzt und dienen gleichzeitig der Forschung“, sagt Prof. Michael Albrecht. „Vor allem unsere Krebspatientinnen und -patienten profitieren von dieser engen Verzahnung zwischen Wissenschaft und medizinischem Alltag. Dass diese Kultur des Miteinanders die DFG auch bei diesem Antrag überzeugt hat, veranschaulicht einmal mehr die in Dresden gezielt aufgebaute Exzellenz“, so der Medizinische Vorstand weiter.

Trotz der innovativen minimalinvasiven OP-Technologie ist sich Klinikdirektor Prof. Christian Thomas sicher, dass offene Operationen ihre Berechtigung behalten werden. Durch das Vorhalten einer breiten operativen Expertise profitieren nicht nur die Patientinnen und Patienten, sondern auch der ärztliche Nachwuchs. Dieser kann somit der an der Klinik umfassend in minimalinvasiven wie offenen OP-Techniken ausgebildet werden. „Letztendlich muss mit jedem Patienten in Bezug auf seine Voroperationen und Vorerkrankungen individuell entschieden werden, welches OP-Verfahren am optimalsten ist“, sagt Prof. Thomas.

Forschungen zu Qualitätssicherung, innovativen OP-Techniken und Tumorbiologie

Die hohe Zahl an Krebsoperationen in der Klinik für Urologie bildet die Basis für ein vielgestaltiges Forschungsprogramm, dessen einzelne Projekte in nationale Netzwerke und Forschungsverbünde eingebunden sind. Ein Schwerpunkt ist die Versorgungsforschung. Dabei wird auf der Basis einer umfassenden Dokumentation von Behandlungsabläufen und -ergebnissen kontinuierlich die Qualität aller Eingriffsformen wissenschaftlich überprüft. Das vermittelt den Patientinnen und Patienten der Klinik die Gewissheit, gut versorgt zu werden und gibt dem Klinikteam Selbstbewusstsein: „Wir erreichen auch im bundesweiten Vergleich stets Spitzenwerte bei der Ergebnisqualität“, sagt Privatdozentin (PD) Dr. Angelika Borkowetz. Die für die Forschungsaktivitäten der Klinik verantwortliche Leitende Oberärztin verweist dabei auch auf die Versorgung von Patienten im Prostatakarzinomzentrum im Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC), das nach den Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. (DKG) sowie nach DIN EN ISO 9001:2015 zertifiziert ist. Die Erhebung dieser Daten haben jedoch nicht nur das Ziel, die Qualität der Behandlungen kontinuierlich sicherzustellen, sondern darüber hinaus auch OP-Techniken zu optimieren oder weiterzuentwickeln. Darunter fallen unter anderem das Entfernen der Prostata und der dazugehörigen Lymphknoten. Aus der Perspektive der Patienten spielt der Erhalt der Potenz und Kontinenz eine nahezu ebenso wichtige Rolle wie eine komplette Entfernung des Tumorgewebes. Das ‚Da Vinci‘-OP-Robotersystem unterstützt die Operierenden bei der hochpräzisen Bewegung der Instrumente und liefert somit eine kontinuierliche Verbesserung von OP-Techniken und Verfahren zum Wohle der Patienten. Eine neue Perspektive bildet die Option, den Tumor und Risikostrukturen ausgehend von zuvor angefertigten CT- oder MRT-Bildern in das Sichtfeld des Operierenden einzublenden. Auf Künstlicher Intelligenz basierende Computerprogramme sollen hierbei eine zuverlässige Überlagerung von Bildgebungsdaten und dem menschlichen Auge sicherstellen.

Die hohe Zahl an urologischen Tumoreingriffen in der Klinik für Urologie ermöglicht zudem, dass die Forschenden Gewebe- und Flüssigproben sammeln können. Sofern die Patienten einwilligen, werden diese Proben in die Biobank des NCT/UCC Dresden eingelagert und stehen so für vielfältige Forschungszwecke und translationale Projekte des klinikeigenen Urologischen Forschungslabors zur Verfügung. Die zu großen Teilen über Drittmittel finanzierte experimentelle und klinische Forschung beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den häufigsten urologischen Tumorarten Prostatakarzinom, Harnblasenkarzinom, Nierenzellkarzinom, Hodentumor und Peniskarzinom. Dabei steht sowohl die Erforschung grundlegender Mechanismen der Tumorbiologie als auch die Evaluierung potenzieller Biomarker und neuer Therapieansätze im Mittelpunkt.

NCT Dresden entwickelt im Digitalen OP innovative chirurgische Konzepte

Der Experimental-OP und der angeschlossene Simulationsraum im NCT-Neubau auf dem Campus der Hochschulmedizin Dresden bilden eine translationale Forschungsplattform, in der klinisch Tätige und Forschende zusammenarbeiten, um die künftige Behandlung von Patientinnen und Patienten zu verbessern. Der Operationssaal bietet eine realistische chirurgische Umgebung mit modernster Ausstattung für die Entwicklung innovativer chirurgischer Konzepte und Methoden. Die Daten von Geräten und Technologien werden für die Entwicklung neuartiger kontextbezogener Assistenzsysteme für chirurgische Eingriffe und chirurgisches Training genutzt. Die Plattform bietet unter anderem einen voll ausgestatteten integrierten Operationssaal für präklinische Studien, eine leistungsstarke digitale Infrastruktur, die eine Fülle von Daten zur Optimierung chirurgischer Therapien liefert, sowie eine erstklassige medizinische Ausrüstung, die allen NCT/UCC-Mitgliedern für genehmigte Forschungszwecke zur Verfügung steht. Die ersten bereits begonnenen Forschungsprojekte konzentrieren sich auf die Entwicklung neuartiger robotergestützter und bildgesteuerter chirurgischer Methoden. Die Ausrüstung umfasst neben dem Da Vinci eine endoskopische 3D-Bildgebung, eine CT-gestützte intraoperative Bildführung, Ultraschall, Operationsmikroskop sowie eine computergestützte Navigation für die Leberchirurgie.

Foto: Prof. Christian Thomas, Direktor der Klinik für Urologie am DaVinci Xi. ©Kirsten Lassig

Quelle Text/Bild: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden


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