Wie man der ePA zur Akzeptanz verhilft

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Veröffentlicht 07.06.2023 14:00, Kim Wehrs

Seit dem 1.1.2021 können in der elektronischen Patientenakte (ePA) medizinische Informationen über den Versicherten für eine einrichtungs- und sektorübergreifende Nutzung gespeichert werden. Die Nutzung ist bisher freiwillig, es gilt das Opt-In-Prinzip: Patienten müssen sich aktiv für die Nutzung entscheiden. Doch kaum jemand nutzt die ePA, und die Ärzte scheinen die Patienten auch nicht dahin zu drängen. Warum ist das so?

Patienten und Versorger haben von der Verwendung der ePA kaum Nutzen. Denn Hausärzte pflegen ihre Akten tendenziell so gut, dass sie über eine ausreichende Dokumentation der Patienten verfügen. Wenn ein Patient chronisch krank ist, sucht er in den meisten Fällen auch regelmäßig einen Spezialisten auf, der ebenfalls über eine gute Patientenakte in elektronischer oder analoger Form verfügt. Daher brauchen die Ärzte, die die Hauptlast der Dauerversorgung tragen, die ePA nicht. Auch für den Austausch von Befunden oder Berichten über institutionelle Aufenthalte bietet die ePA keinen wirklichen Vorteil: Arztbrief, E-Mail und Telefon reichen aus. Der Patient merkt sowieso nicht, welche Form seine Akte hat. Für ihn zählen Zuwendung und qualifizierte Behandlung, deren Mangel das eigentliche Problem im Gesundheitssystem darstellt und an dem die ePA nichts ändern kann.

Wie sieht es mit dem Einsparpotential der ePA aus?

Immer wieder hören wir, es ließen sich durch die ePA Doppeluntersuchungen vermeiden. Doch werden diese fast nie durch Unkenntnis der bereits durchgeführten Verfahren veranlasst, sondern weil das Vergütungssystem dafür Fehlanreize bietet. Solang diese bestehen, kann die ePA in dieser Hinsicht nichts ausrichten.

Überhaupt profitieren von der ePA nicht so sehr Versorger und Patienten, sondern vielmehr jene, die die Daten der ePA für retrospektive Studien, Kohortenanalysen und andere epidemiologische Anwendungen verwenden wollen: Pharmaindustrie, Medizintechnik, Versicherer und Staat. Denn sie können mit Hilfe der Daten neue Produkte und Geschäftsmodelle entwickeln und drängen daher schon lange , auf die Füllung der ePA und die Verfügbarmachung der Daten. Um die Verwendung und Füllung  der ePA mit Daten zu erzwingen, will das BMG noch in dieser Legislaturperiode über eine Opt-Out-Regelung die Nutzung der ePA durchsetzen und die Verwendung der Daten auch für Hersteller freigeben. Ärzte und Patienten sollen die Last der Befüllung der ePA mit Daten tragen, aber den Nutzen daraus sollen andere ziehen.

Wie sähe eine faire Lösung aus?

Hierbei würden die kommerziellen und staatlichen Nutzer der ePA für die Datennutzung zahlen, und die daraus generierten Einnahmen würden Ärzten und Patienten zugute kommen, beispielsweise über eine Verbesserung der ärztlichen Honorare oder eine Senkung der Kassenbeiträge für Patienten.

Wie ließe sich ein Preis für die Daten festlegen?

Beispielsweise mit einer niederländischen Auktion. Dabei würde ein hoher Preis für ein Datenkontingent festgelegt und dieser so lange gesenkt, bis ein Preis erreicht wird, auf den Marktteilnehmer für exklusive oder nicht-exklusive Nutzung bieten. Die Auktion könnte auch nach Märkten getrennt werden, so dass GKVen nicht gegen Pharmaunternehmen bieten müssten.

In jedem Fall kann es nicht angehen, dass Privatunternehmen von der durch die ePA erforderlichen ärztlichen Zusatzarbeit und der Datenfreigabe der Patienten profitieren, ohne dass die Datenproduzenten davon einen Nutzen hätten.


von Dr. Jobst Landgrebe, Cognotekt GmbH, Arzt und Unternehmer


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