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Pole-Position Beratung           Zielbild effiziente

               Der Krankenhauszukunftsfonds versetzt   Krankenhausstruktur
               Krankenhäusern einen Schub bei Digi-  Klar ist, Digitalisierung im Krankenhaus
               talisierung, der vor allem in den klini-  darf kein Selbstzweck sein, sondern muss
               schen Bereichen massive Veränderungen   einen nachhaltigen Beitrag zur Verbes-
               bringen wird. Die IT-Bereiche haben   serung von klinischer Qualität und wirt-
               dabei die Rolle des Enablers und wer-  schaftlicher Effizienz leisten.
               den zwangsläufig stark aufgewertet. Das   Aus der Perspektive des Kranken-
               Ergebnis der KHZG-Förderung wird   haus-IT-Leiters wird die Dynamik, mit
               jedoch daran gemessen, was im Behand-  der unterschiedliche Abteilungen und
               lungsprozess heraus- und letztendlich   Chefärzte spezifische digitale Tools für
               beim Patienten ankommt.          ihre Arbeit gefordert und oft auch erhal-
                  Mit verschiedenen Modulen  bieten   ten haben, sicherlich als Herausforderung
               Beratungen eine ganzheitliche Unter-  wahrgenommen. „Kein Wunder, wenn
               stützung im Bereich der Investitionsfi-  der Zählerstand der aktuell vorgehalte-
               nanzierung über das KHZG an. Kunden   nen IT-Anwendungen dreistellig wird“,
               könnten sicher sein, dass ihre Einrei-  merkt Christoph Naucke realistisch
               chungen mit den besten Förderchancen   an. In der Außensicht bietet für den IT-
               erfolgt und die Projektdurchführung   Auditor IDW, IT Compliance Manager
               zielstrebig vorangetrieben wird. Tatsäch-  (TÜV), Rödl & Partner, diese Dynamik
               lich möchte jeder Anbieter von „IT“ auf   auch Chancen, da zumindest das Grund-
               der Pole-Position stehen und den Löwen-  verständnis für Bedarf und Nutzen guter
               anteil vom potenziellen „Umsatz“ mit-  IT-Lösungen  auf  Anwenderseite  ten-
               nehmen. Einen entsprechenden Tenor   denziell wesentlich ausgeprägter ist als   Jürgen Flemming, KH-IT-Vorstand
               haben folglich derzeit viele Medienbei-  beispielsweise in der benachbarten Pfle-
               träge von IT-Unternehmen rund um das   gebranche.                Gesundheitszentrum oder in andere Ver-
               Gesundheitswesen.  „In  diesem  Kontext   Dr. med. Dipl.-Inf. Adrian Schuster,   sorgungsformen umgewandelt werden
               darf somit bezweifelt werden, dass die   Arzt und Informatiker, Senior Director   sollten, bedürften keiner IT-Förderung
               „Expertise“,  die  über  das  Beratermodell   Medicine & IT bei Flying Health GmbH,   für Krankenhäuser.
               für die Projektanträge an Bord kommen   und Dipl. Inform. Michael Engelhorn,   Die Bestrebungen, die Digitalisie-
               soll, tatsächlich tragfähig ist“, argwöhnt   ExperMed GmbH Berlin, raten: „Wenn   rung im Gesundheitswesen, in den Kran-
               Michael Thoss. „Viel zu groß ist die Wahr-  Digitalisierung entlang der Prozesse vor-  kenhäusern, voran zu treiben, sind sicher
               scheinlichkeit, dass die „IT-Berater“ mit   angetrieben wird, ist die Wahrschein-  sinnvoll. „Wo wollen wir denn hin mit
               ihren überlieferten Blaupausen und per-  lichkeit hoch, dass die Instrumente  zur   der Digitalisierung im Krankenhaus?
               sönlichen Vorstellungen daherkommen.“  Unterstützung und nicht zur Arbeits-  Was wollen wir mit der Digitalisierung
                                                behinderung dienen. Und nicht zuletzt:   der Gesellschaft erreichen? Welchen Sinn
                                               „Viel hilft viel“ gilt hier nicht und Geld   macht die Auswahl eines Reifegradmo-
                                                alleine wird es nicht richten. Investitio-  dells für die Digitalisierung der Kran-
                                                nen mit „Augenmaß“ sind hilfreicher als   kenhäuser, solange das Zielbild dieser
                                               „wildes Digitalisieren“.         Digitalisierung noch unklar ist?“ Diese
                                                   Grundsätzlich begrüßt die Fachöf-  Fragen nach der dringenden Konkretisie-
                                                fentlichkeit die Einrichtung eines Kran-  rung kommen aus dem Bundesverband
                                                kenhauszukunftsfonds und die Finan-  der Krankenhaus IT-Leiterinnen/Leiter
                                                zierung notwendiger Investitionen aus   KH-IT.
                                                staatlichen Mitteln, fordert aber vorher   Jürgen Flemming, Pressereferent im
                                                über eine effiziente Krankenhausstruk-  Vorstand des KH-IT, konstatiert: „Erst
                                                tur  nachzudenken.  Erst  wenn  klar  sei,   wenn eine Vision, ein Zielbild, exis-
                                                welche Krankenhäuser in der Zukunft    tiert können wir IT-Experten eine pas-
                                                bedarfsnotwendig seien,  wäre eine digi-  sende Strategie dazu ausarbeiten und
               Univ.-Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff,   tale Ertüchtigung der verbleibenden   bei Vorhandensein von Finanzmitteln
               Centrum für Krankenhaus-Management   Krankenhäuser sinnvoll. Krankenhäuser,   und personellen Ressourcen  dann auch
               (Uni Münster)                    die besser in ein MVZ, ein regionales   umsetzen.“


               Krankenhaus-IT Journal 1 /2021
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