Smart Hospital und Smart Care: Innovationen und Best-Practices

Forum

Veröffentlicht 20.10.2022 08:50, Dagmar Finlayson

Digitalisierung als Chance für das Gesundheitssystem war das Motto des „Smart Bridges“-Events für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen im deutschsprachigen Raum. Die Foren „Smart Hospital Excellence“ Forum und „Smart Care Excellence“ im Oktober 2022 in Frankfurt am Main bauten eine Brücke zwischen Verantwortlichen des Pflege- und IT-Krankenhausmanagements. Ziel war der praxisnahe Austausch von Impulsen, Ansätzen und Lösungen zur digitalen Transformation. Moderatoren waren Sabine Brase, Pflegedirektorin, Klinikum Oldenburg, und Prof. Dr. David Matusiewicz, Professor für Medizinmanagement, Direktor des Forschungsinstituts für Gesundheit & Soziales; FOM Hochschule.

von Wolf-Dietrich Lorenz

Digital Health ist die interdisziplinäre Verbindung von Gesundheit, Gesundheitsfürsorge, Leben und Gesellschaft mit digitalen Medizin- und Gesundheitstechnologien, um die Effizienz der Gesundheitsversorgung zu verbessern und Arzneimittel individueller und wirkungsvoller einsetzen zu können Zum Einsatz kommen Informations- und Kommunikationstechnologien zur Bewältigung der Gesundheitsprobleme von Patienten.

Kliniken mit ihren Mitarbeitenden als elementarer Bestandteil der Gesellschaft haben die Aufgabe, im Rahmen ihres Auftrags so ressourcen- und klimaschonend wie möglich zu arbeiten.

Für Prof. Dr. David Matusiewicz gehören dazu organisationelle, personelle und finanzielle Rahmenbedingungen. „Bei der Organisation benötigen wir schnelle und agile Entscheidungswege und Prozesse und auch einen Raum für Experimentierfelder, um digitale Gesundheitstechnologien auszuprobieren und dem Praxistest zu unterziehen“, betonte der Professor für Medizinmanagement,Direktor des Forschungsinstituts für Gesundheit & Soziales der FOM Hochschule. „Erst wenn die Mitarbeiter mitgenommen und geschult werden, kann die digitale Transformation erfolgreich gelingen.“ Das fängt bei der Ausbildung und dem Studium an und geht weiter über die betriebliche Fort- und Weiterbildung.

 

(vlnr.) Prof. Dr. David Matusiewicz, Professor für Medizinmanagement, Direktor des Forschungsinstituts für Gesundheit & Soziales; FOM Hochschule, Sabine Brase, Pflegedirektorin, Klinikum Oldenburg, und Toralf Schnell, Chief Digital Officer - Executing the Digital Healthcare Transformation, Universitätsmedizin Greifswald

Für Sabine Brase ist beim Weg zum Smarten Gesundheitswesen die Wahrnehmung von Führungsverantwortung auf  verschiedenen Ebenen ein bedeutender Erfolgsfaktor. Die Pflegedirektorin, Klinikum Oldenburg, geht mit gutem Beispiel voran: Die Pflege leistet einen unverzichtbaren Beitrag zum Erfolg eines Krankenhauses. „Wer die Zukunft des Pflegebereichs erfolgreich gestalten und Lösungen finden will, muss digital denken.“ Die Digitalisierung ermöglicht den Mitarbeitenden in der Pflege, ihre Zeit gezielt den Patienten zu widmen und das Betreuungslevel auf einem hohen Standard zu halten. Gleichzeitig findet eine Arbeitsentlastung statt, der Druck wird gemindert und die Attraktivität des Berufsbildes steigt.

Interview mit Sabine Brase, Pflegedirektorin, Klinikum Oldenburg

Smart Care Best-Practice

„Smart Care“ stellte Toralf Schnell in einem Best-Practice-Impuls vor. Der Chief Digital Officer - Executing the Digital Healthcare Transformation, Universitätsmedizin Greifswald erörterte die Lösung „Digitale Healthcare Transformation an der Universitätsmedizin Greifswald – Am Beispiel des Digitalen Patientenleitsystems.“ Für Patienten, Besucher, Mitarbeiter und externe Partner ist Orientierung und Navigation im gesamten Universitätsklinikum Greifswald große Herausforderung. „Das wollten wir mit einer digitalen Lösung  für alle Zielgruppen verbessern.“

So reduziert eine UMG Applikation unnötige Wege und Kontakte, inkl. Navigation der Nutzer. Die Wegführung ist agil und fallbezogen dynamisch. Die Ablösung der persönlichen Begleitung erfolgt durch den Patientenlotsen Step-by-Step Indoor Navigation auch für Sehbehinderte. QR-Codes leiten den Patienten an sein Ziel. Die Universitätsmedizin Greifswald zeichnete Focus Money als „Digital Champion 2022“ aus.

Treiber der Digitalisierung

Digitale Transformation Digitalisierung am Klinikum Darmstadt mit Blick auf das KHZG skizzierte Clemens Maurer, Sprecher der Geschäftsführung, Klinikum Darmstadt GmbH. „Wir haben frühzeitig die Digitalisierung als Managementaufgabe aufgefasst und direkt in der Geschäftsführung angesiedelt. Für uns war klar: Wir wollen Treiber der Digitalisierung sein und nicht Getriebene.“ In der Vergangenheit hat das Klinikum Darmstadt, überwiegend mit Eigenmitteln, massiv in Digitalisierung und neue Medizintechnik investiert: Netzwerktechnik, Server- und Datamanagement, betriebswirtschaftliche Systeme und medizintechnische und pflegerische Systeme wurden komplett neu aufgestellt.

Abbildung: KHZG: Lösungen entwickeln (Klinikum Darmstadt)

 

Rund 240 Millionen Euro investierten die Darmstädter, um als Maximalversorger die Menschen in der Region auf hohem medizinischen Niveau zu versorgen, davon entfielen rund 70 Millionen Euro Förderung vom Land Hessen. Die wirtschaftliche Entwicklung der Klinikum Darmstadt GmbH hat die eigenfinanzierten Investitionen in die IT ermöglicht. Aufbruch in das agile Arbeiten, auch in den Krankenhäusern, bedeutet neue Führungsstrukturen. Konsequent ist daher der CIO ordentliches Mitglied in der Krankenhausleitung.

Clemens Maurer, Sprecher der Geschäftsführung, Klinikum Darmstadt GmbH

Clemens Maurer ist bei Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) Realist. Folgekosten der KHZG-Projekte bei Investitionen und Aufwand über das KHZG-Ende hinaus bedeuten erheblichen Anstieg der Wartungs- und Servicekosten. „Ein Haus der Maximalversorgung muss zukünftig bis zu 15% des Jahresumsatzbudgets in laufende IT und Medizintechnik einplanen“, rechnete Clemens Maurer den Teilnehmern vor. Zu Kosten kommt ein erhöhter Personalbedarf, um die hochkomplexen Systeme zu managen. E her personell als finanziell klafft eine Lücke auf. Es ist sehr schwierig, Mitarbeitende für die Krankenhaus-IT-Abteilung, mit professionellen Prozess- und Applikationskenntnissen zu finden.

Abbildung: KHZG – Investitionen müssen gemanagt werden (Klinikum Darmstadt)

Alles sicher oder was?

Ein Beispiel für Personalmangel bei Gesundheitsdienstleistern ist IT-Sicherheit. Betreiber Kritischer Infrastrukturen (KRITIS) wie Krankenhäuser setzen hochkomplexe, stark vernetzte und von IT durchzogene Infrastrukturen ein. Um diese Infrastrukturen dauerhaft verfügbar zu halten, müssen sie adäquat geschützt werden. Antworten auf die provokante Frage „Informationssicherheit – Alles sicher oder was?“ gab Lars Forchheim, Leiter des Branchenarbeitskreises medizinische Versorgung UP KRITIS. Hierzu leistet die Kooperation UP KRITIS einen substanziellen Beitrag. Aufgrund der Bedeutung der Informationstechnik bilden dabei neben der Sicherheit von IT und OT (Operational Technology, inklusive Industrial Control Systems, ICS) die relevanten Prozesse und Strukturen eines funktionierenden ISMS (Information Security Management System) den Schwerpunkt der Arbeiten. UP KRITIS ist eine öffentlich-private Kooperation zwischen Betreibern Kritischer Infrastrukturen KRITIS, deren Verbänden und den zuständigen staatlichen Stellen.

 

Abbildung: UP KRITIS

Lars Forchheim, Leiter des Branchenarbeitskreises  medizinische Versorgung UP KRITIS

Interview mit Lars Forchheim, Leiter des Branchenarbeitskreises medizinische Versorgung UP KRITIS

Digital“ als magic box

Die Digitalisierung in der Pflege wird oft mit weitreichenden Erwartungen verbunden: „Digital“ erscheint als magic box, die alle Probleme der pflegerischen Versorgung lösen kann. Dabei geht es darum: Technologie soll den steigenden Mangel an Pflegepersonal kompensieren und entlasten. Bei der Digitalisierung von Pflegeprozessen müssen sich die digitalen Technologien dazu sinnvoll in den Pflegeprozess und Organisation pflegerischer Arbeit integrieren lassen. Als Themenfeld sprach dazu Prof. Dr. Martina Hasseler „Telehealth im Smart Hospital“ an, Professorin für Klinische Pflege, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaft. Komplex und vielfältig bedarf es Knowhow aus diversen Bereichen wie Pflegewissenschaften, Medizinischer Informatik, Ingenieurwissenschaften, Medizin, IT sowie den Sozial- und Geisteswissenschaften. Wie Prof. Hasseler betonte, benötigen die Akteure Verständnis von digitaler pat.*innenorientierter interdisziplinärer Krankenhausversorgung, Design-Thinking Prozesse für interdisziplinäre Entwicklung von Digitalisierung in Krankenhäusern sowie brauchen Mittel, Forschungsgelder, interdisziplinäre Forschung. Ebenso wie die Entwicklung von monodisziplinärer eindimensionaler Sichtweise hin zu interprofessionellen Prozessen. „Wir benötigen mehr Zeit für gute Digitalisierung der Krankenhäuser, um Prozesse und Grundlagen zu definieren – Krankenhausversorgung ist komplex.“ 

Abbildung: Framework muss noch entwickelt werden (Prof. Hasseler)

 

Prof. Dr. Martina Hasseler, Professorin für Klinische Pflege, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaft

Interview mit Prof. Dr. Martina Hasseler, Professorin für Klinische Pflege, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaft

Prävention als Heilung?

Gesundheitsdaten und ihre intelligente Nutzung sind der entscheidende Faktor. Verbunden damit ist die Pflicht zum verantwortlichen Technikeinsatz. Wichtig ist, dass Mehrwert und Nutzen der Digitalisierung kritisch hinterfragt in der Gesellschaft möglichst zügig ankommt, gerade mit Blick auf Medizin und Gesundheit. In den Fokus dazu stellte Prof. Dr. Stefan Heinemann  „Prävention als Heilung? – Gesundheit, Gesellschaft und digitale Medizin“. Der Wissenschaftler aus den Disziplinen Ethik der digitalen Medizin und Gesundheitswirtschaft, FOM Hochschule / Universitätsmedizin Essen postulierte: „Damit die Entwicklungen in Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge auch wirklich in der Versorgung regelhaft ankommen, sind gewiss noch viele Anstrengungen zu unternehmen.“

Prof. Dr. Stefan Heinemann, Ethik der digitalen Medizin und Gesundheitswirtschaft, FOM Hochschule/Universitätsmedizin Essen

Interview mit Prof. Dr. Stefan Heinemann, Ethik der digitalen Medizin und Gesundheitswirtschaft, FOM Hochschule/Universitätsmedizin Essen

Premium für Hauptverantwortliche

An zwei intensiven Tagen präsentieren renommierte Expert*innen neusten Erkenntnisse, berichteten über Innovationen und Technologien und zeigten in Best-Practice-Impulsen, Verantwortlichen aus dem Gesundheitswesen den Weg auf zu Smart Care und Hospital.

Das Smart Excellence Forum richtete sich an Mitglieder des Vorstandes und der Geschäftsleitung, Verwaltungsleitung und ärztliche Leitung sowie an Führungskräfte von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen im deutschsprachigen Raum. Lösungspartner stellten in Vier-Augen-Gesprächen, abgestimmt auf die individuelle Situation und Bedürfnisse, Innovationen und Technologien für die Digitalisierung im Gesundheitssystem dar.


Nächste Events

Green Hospital Excellence Forum 

7. & 08. November 2022
Falkenstein Grand Hotel bei Frankfurt am Main

Smart Hospital Excellence Forum

20. & 21. März 2023
Meliá Frankfurt City

 



Auszug Themen und Referenten

 

Der Weg zum Smarten Gesundheitswesen

Sabine Brase, Pflegedirektorin, Klinikum Oldenburg

Prof. Dr. David Matusiewicz, Professor für Medizinmanagement, Direktor des Forschungsinstituts für Gesundheit & Soziales; FOM Hochschule

 

Digitale Healthcare Transformation an der Universitätsmedizin Greifswald – Am Beispiel des Digitalen Patientenleitsystems

Toralf Schnell, Chief Digital Officer - Executing the Digital Healthcare Transformation, Universitätsmedizin Greifswald

Digitale Transformation am Universitätsklinikum Augsburg

Lisa Daufratshofer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Stabsstelle Digitale Vernetzung, Universitätsklinikum Augsburg

 

Digitale Transformation – KHZG & Digitalisierung am Klinikum Darmstadt

Clemens Maurer, Sprecher der Geschäftsführung, Klinikum Darmstadt GmbH

 

Digitalisierung als Multichannel-Strategie

Jingsi Wawrzyn-Lei, Pflegedirektion, Klinikum Dahme-Spreewald

 

Telehealth im Smart Hospital

Prof. Dr. Martina Hasseler, Professorin für Klinische Pflege, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaft

 

Prävention als Heilung? – Gesundheit, Gesellschaft und digitale Medizin

Prof. Dr. Stefan Heinemann, Ethik der digitalen Medizin und Gesundheitswirtschaft, FOM Hochschule/Universitätsmedizin Essen

Interview

 

Pflege & der Fachkräftemangel, wie Innovationen den Pflegealltag unterstützen können

Isabell Halletz, Geschäftsführerin, Arbeitgeberverband Pflege e.V.

 

Data-Driven Healthcare

Dr. Stefan Ebener, Head of Customer Engineering, Google Cloud

 

Informationssicherheit – Alles sicher oder was?

Lars Forchheim, Leiter des Branchenarbeitskreises  medizinische

Versorgung, UPKRITIS

 

Talk

Krankenhaus Planung – Was ist die Strategie?

Sabine Brase, Reiner Pappert, Kathrin Ketzler, Prof. Dr. David Matusiewicz

 

Text: Wolf-Dietrich Lorenz

 

 


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