In den nächsten Jahren müssen die Weichen für Klimaschutz, zur Reduktion des Ressourcenverbrauchs sowie der Erhaltung der Artenvielfalt gestellt werden. In allen zentralen Handlungsbereichen von Wirtschaft und Gesellschaft - den sogenannten Transformationsarenen - steht ein tiefgreifender ökologischer Systemwandel an. Im blick steht der Umbau von Infrastrukturen, Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodellen.
Digitalisierung ist eine Erfolgsvoraussetzung für diesen Wandel und wirkt auf verschiedenen Ebenen: digitale Technologien und Anwendungen ermöglichen, gegenwärtige Verfahren, Prozesse und Strukturen zu verbessern (Improve) oder erste Schritte in eine neue Ausrichtung von Geschäftsmodellen oder Rahmenbedingungen zu gehen (Convert). Gleichzeitig muss die Digitalisierung aber auch für einen weitergehenden Umbau von Wirtschaft und Wertschöpfung sowie für die ökologische Neuorientierung von Gesellschaft und Lebensstilen wirksam werden (Transform).
Die Fähigkeit zur Gewinnung, Verknüpfung und Nutzung von Daten ist eine Grundvoraussetzung, um die Potenziale der Digitalisierung für die Nachhaltigkeitstransformation zu erschließen. Daten sind dabei jedoch kein homogener Rohstoff - Daten erlangen erst einen Wert, wenn der Kontext, in dem sie erhoben wurden, bekannt ist und sie für den angestrebten Zweck nutzbar gemacht werden können.
Umbau von Infrastrukturen, Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodellen
Die Diskussion darüber, welche Strukturen und Voraussetzungen für die systemverändernde Nutzung von Daten erforderlich sind, hat erst begonnen. Die vorliegende Studie leistet hierzu einen ersten Beitrag und beschreibt die Möglichkeiten und Voraussetzungen für eine datenbasierte Nachhaltigkeitstransformation. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Umweltdaten, Daten von Anlagen, Maschinen, Infrastrukturen oder von Produkten im Internet der Dinge (Internet of Things). Die Aufgabe ist, diese Daten stärker als bisher für systemische Lösungsansätze (Systeminnovationen) in den jeweiligen Transformationsarenen einzusetzen, bei denen unterschiedliche Stakeholder zusammenarbeiten und gemeinsam den Umbau von Infrastrukturen, Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodellen einleiten.
Vor diesem Hintergrund ist der kollaborative Umgang mit Daten eine Grundvoraussetzung für den Erfolg der Transformation. Dafür müssen die technischen, organisatorischen und institutionellen Voraussetzungen geschaffen werden. Wir brauchen Datenökosysteme für die Nachhaltigkeitstransformation und einen integrierten Ansatz, diese zu realisieren.
- Die beteiligten Akteure, Unternehmen, Organisationen und (öffentliche) Institutionen müssen die Fähigkeit erwerben, Daten zu erheben, zu verarbeiten und nutzbar zu machen. Viele Akteure in der Industrie, insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen wie aber auch öffentliche Institutionen stehen hier noch am Anfang.
- Systeminnovationen brauchen Datenökosysteme für kollaborative Datennutzung. Durch zuverlässige und vertrauenswürdige technische Infrastrukturen, Datenarchitekturen sowie Regeln für Datenzugang und -verwendung wird es den unterschiedlichen Akteuren erleichtert, gemeinsam digitale Systeminnovationen zu entwickeln ohne die Souveränität über die eigenen Daten abzugeben. Interoperabilität ist dabei die Grundvoraussetzung für die Kollaboration, damit Daten und Informationen zwischen Systemen und Komponenten ausgetauscht werden können. Das kann durch Standards, Ontologien und den Austausch von Metadaten realisiert werden.
- Kollektives Handeln erfordert gemeinsame Ziele und die Bereitschaft, sich - vor allem auch finanziell - zu engagieren. Die Aufgabe ist, durch eine missionsorientierte Transformationspolitik dafür die Leitplanken zu setzen, die Systemregeln an Nachhaltigkeit auszurichten und vor allem ökonomische Anreize für Investitionen in transformative, datenbasierte Systeminnovationen zu setzen. Die Use Cases im Kontext der Initiativen Datenökosysteme für die Nachhaltigkeitstransformation oder Gaia-X müssen dabei stärker als bisher die Herausforderungen beim Klima-, Ressourcen- und Umweltschutz adressieren.
- Unser Systemwissen vom Zustand der Welt und den zu erwartenden Entwicklungen muss sich stetig weiterentwickeln. Open Data Strategien ermöglichen den Zugang zu Daten zur Umwelt und anderen gesellschaftlich relevanten Informationen. Diese Ansätze müssen ausgebaut werden, um eine Kultur des Datenteilens breit aufzustellen und zu verankern. Die technischen Grundlagen für den Aufbau und die Nutzung von Datenökosystemen sind verfügbar bzw. werden derzeit aufgebaut. Die Aufgabe ist, die oben skizzierten Ansätze zusammenzuführen und voranzutreiben. In den nächsten Jahren bietet sich hier eine vielversprechende Perspektive, die konsequent genutzt werden muss.
Quelle: Studie des Projekts „Shaping the Digital Transformation – Digital solution systems for the sustainability transition“, im Auftrag von Huawei Technologies Deutschland GmbH,
Herausgeber: Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Autor: Wolf-Dietrich Lorenz
Bild: Adobestock / Gorodenkoff