Ambitionen feinjustiert: Eine neue Ära im KI-Wettbewerb

Veröffentlicht 05.09.2025 09:40, Kai Wehrs

Künstliche Intelligenz (KI) ist kein fernes Versprechen mehr, vielmehr ist sie eine Kraft, die Branchen, Volkswirtschaften und Gesellschaften in rasantem Tempo umgestaltet. Die erfolgreiche Anpassung etablierter Large Language Models (LLMs) wie die von OpenAI oder Mistral an das Gesundheitswesen erfordert eine gezielte Kombination von generischem Modelltraining, Integration von Domänenwissen und der Anbindung externer Datenquellen zur Bereitstellung aktueller Informationen und definiert das Gesundheitswesen neu. Feinjustierung macht aus einem generischen LLM ein präzises Werkzeug für klinische Entscheidungen mit nachvollziehbarer, medizinfachlicher Tiefe.

Generisch trainierte LLMs besitzen zwar eine außerordentliche Sprachkompetenz und können viele medizinische Fragestellungen adressieren, sie stoßen jedoch schnell an Grenzen, wenn spezifisches, unternehmensrelevantes Wissen oder aktuelle Daten benötigt werden. Eine präzise Entscheidungsfindung im Unternehmenskontext gelingt erst, wenn das Modell auf die individuellen Anforderungen und Prozesse des Unternehmens abgestimmt ist. Dabei ist ein Feintuning auf Basis unternehmensspezifischer Daten genauso essenziell wie die Integration medizinischer Richtlinien und regulatorischer Vorgaben. Modelle wie Mistral Small 3 bieten hierfür den Vorteil offener Lizenzierung und ermöglichen ein flexibles, anpassbares Deployment in hochsensiblen Branchen wie dem Gesundheitswesen.

Rolle von Retrieval Augmented Generation (RAG)

RAG hat sich als zentraler Ansatz zur Erweiterung der Leistungsfähigkeit von LLMs etabliert, indem es eine zielgerichtete Anreicherung mit spezifischen Fakten und domänenrelevantem Wissen ermöglicht. Besonders im medizinischen Bereich ist RAG entscheidend, da hier absolute Zuverlässigkeit und Transparenz gefordert sind. RAG-Systeme kombinieren eine Suchkomponente mit der generativen Leistung des Modells, wodurch Fachinformationen aus beispielsweise klinischen Datenbanken oder wissenschaftlichen Literaturbeständen abgerufen und punktgenau in die Modellgenerierung eingebettet werden. Dies sorgt für Präzision, Robustheit gegenüber Fehlinformationen und ermöglicht nachvollziehbare, medizinisch fundierte Entscheidungsfindung.

Integration externer Datenquellen mit Function Calls

Die Anbindung aktueller Daten und Schnittstellen ist im Gesundheitswesen besonders kritisch, etwa für die Einbindung von Laborwerten, demografischen Daten oder Versorgungsschnittstellen. Moderne Modelle wie Mistral oder OpenAI GPT-4o unterstützen heute sogenannte Function Calls: Das Modell erkennt in seiner Antwort den Bedarf nach externen Daten, ruft gezielt vordefinierte Funktionen oder Schnittstellen auf und nimmt die erhobenen Informationen direkt in die Antwortgenerierung auf. Mit Tools wie Spring AI lassen sich entsprechende APIs, etwa für Echtzeitdaten wie Laborwerte oder Patientenvitaldaten, unkompliziert integrieren. Dadurch wird das Modell befähigt, stets mit aktuellen, validierten Informationen zu arbeiten und kann so auch komplexe medizinische Entscheidungen unter Echtzeitbedingungen treffen.

Generisch vortrainiertes LLM für präzise klinische Entscheidungen feinjustieren

Ein generisch vortrainiertes LLM lässt sich für präzise klinische Entscheidungen durch gezieltes Fine-Tuning, Integration medizinischer Spezialdaten und adaptive Methoden wie Prompt Engineering sowie Retrieval Augmented Generation (RAG) optimieren.

Spezifisches Fine-Tuning

Das Modell wird mit fachspezifischen, qualitativ hochwertigen Daten aus der klinischen Praxis nachtrainiert. Es kommen echte Patientendaten, Arztberichte, wissenschaftliche Leitlinien und strukturierte Fallbeschreibungen zum Einsatz, worauf das Modell wichtige Muster, Fachtermini und Entscheidungslogiken erlernt. Je nach Einsatzgebiet eignet sich das sogenannte Full Fine-Tuning, bei dem sämtliche Modellparameter angepasst werden, oder sparsamere Methoden wie Parameter-Efficient Fine-Tuning (PEFT), etwa mittels LoRA, um Rechenaufwand und Overfitting zu minimieren.

Prompt Engineering und Chain-of-Thought

Durch ausgefeiltes Prompt Engineering lernt das Modell, klinisches Denken zu simulieren und Entscheidungsprozesse schrittweise sowie nachvollziehbar darzustellen („Chain-of-Thought“). Hierbei steuern spezialisierte Prompts das Modell so, dass Differentialdiagnosen, Therapieempfehlungen oder Risikobewertungen mit medizinischer Logik und Argumentation ausgegeben werden, statt nur auf sprachliche Wahrscheinlichkeit zu setzen.

Einbindung von Domänenwissen mit RAG

RAG erweitert die Leistungsfähigkeit, indem das Modell in Echtzeit auf aktuelle klinische Guidelines, medizinische Literatur oder elektronische Gesundheitsakten zugreifen kann. So werden Antworten nicht allein aufgrund von Trainingsdaten, sondern auch anhand von validierten Quellen generiert, was Präzision und Vertrauenswürdigkeit im klinischen Kontext erhöht.

Einsatz im Klinikalltag

Best Practices aus der Praxis zeigen, dass so feinjustierte LLMs diagnosesicherer werden, administrative Entlastung schaffen und die Kommunikation zwischen Personal und Patienten verbessern. Kontinuierliche Validierung, Monitoring und gemeinsames Training mit Fachkräften sichern klinische Exzellenz und Patientensicherheit langfristig ab.

Durch diese mehrschichtige Feinjustierung wird aus einem generischen LLM ein präzises Werkzeug für klinische Entscheidungen mit nachvollziehbarer, medizinfachlicher Tiefe.

So wird die Unternehmenspräzision im Gesundheitswesen durch ein kluges Zusammenspiel aus generischer Modellbasis, strategischer Domänenintegration mittels RAG und dynamischer Datenanbindung via Function Calls realisiert.

Autor: Wolf-Dietrich Lorenz

Symbolbild: InfiniteFlow / AdobeStock 


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