Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), welches zum 1. Januar 2025 in Kraft getreten ist, markiert einen fundamentalen Umbruch in der deutschen Krankenhauslandschaft. Denn es ist weit mehr als eine gesetzliche Anpassung: Es ist die Blaupause für die zukünftige Ausrichtung der medizinischen Versorgung in Deutschland. Für Krankenhausmanager und IT-Leiter bedeutet dies nicht nur eine Reihe neuer Herausforderungen, sondern auch eine enorme Chance, die eigene Einrichtung zukunftsfähig aufzustellen. Wer jetzt die Weichen richtig stellt, sichert sich einen entscheidenden Vorteil in der Modernisierung der Krankenhausversorgung.
KHVVG – Weichenstellung für deutsche Krankenhäuser
Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – kurz KHVVG – verfolgt primär drei Kernziele, die tiefgreifende Auswirkungen auf die Strategie, die Struktur und die Organisation in einer Klinik haben:
Qualitätssteigerung durch Leistungsgruppen (LGs): Ein zentraler Pfeiler des Gesetzes ist die Einführung von rund 65 Leistungsgruppen (LGs). Diese definieren Mindestanforderungen an die Struktur- und Prozessqualität medizinischer Leistungen. Bis Ende 2026 müssen die Bundesländer den Krankenhäusern diese Leistungsgruppen zuweisen. Für Ihre Klinik bedeutet das eine genaue Analyse des Leistungsportfolios und gegebenenfalls eine Anpassung der internen Prozesse, um den neuen Qualitätsstandards gerecht zu werden.
Sicherstellung der Versorgung und Strukturanpassung: Das Gesetz zielt darauf ab, eine flächendeckende medizinische Versorgung zu gewährleisten, insbesondere in ländlichen Regionen. Dies wird durch eine Umstrukturierung und Konzentration von Krankenhaus-Standorten sowie die Förderung neuer Versorgungsformen erreicht. Für Krankenhaus-Manager bedeutet das: Sie müssen die strategische Positionierung ihrer Einrichtung im regionalen Versorgungsnetzwerk neu bewerten und gegebenenfalls Kooperationen mit anderen Einrichtungen intensivieren.
Bürokratieabbau und Innovationsförderung: Das KHVVG verspricht eine Entbürokratisierung durch standardisierte und harmonisierte Prüfverfahren. Gleichzeitig soll es Anreize für Innovationen und Modernisierung schaffen, insbesondere im Bereich digitaler Lösungen. Hier liegt eine direkte Aufforderung an die Krankenhaus-Manager in Deutschland, die Potenziale neuer Technologien für eine effizientere und qualitativ hochwertigere Patientenversorgung zu erschließen.
Um diese Ziele zu erreichen, sieht das Gesetz wichtige finanzielle und strukturelle Maßnahmen vor, darunter die Einrichtung eines Transformationsfonds zur finanziellen Absicherung des erforderlichen Umbaus sowie die Liquiditätssicherung für Krankenhäuser.
Eine entscheidende Neuerung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes ist auch die Etablierung sektorenübergreifender Versorgungseinrichtungen, die eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung ermöglichen sollen.
KHZG vs. KHVVG: Die Unterschiede
Das KHZG (Krankenhauszukunftsgesetz) zielte darauf ab, Krankenhäuser bei der Digitalisierung finanziell zu unterstützen und die medizinische Versorgung zu modernisieren. Das KHVVG setzt auf eine strukturelle Reform der Krankenhauslandschaft. Es will die Versorgungsqualität insgesamt verbessern und die Krankenhaus-Finanzierung neu ordnen.
Einfach gesagt: Beim KHZG ging um die digitale Ausstattung der Krankenhäuser, während das KHVVG die gesamte Organisation und Finanzierung im Blick hat.
Leistungsgruppen erfordern stärkere Vernetzung
Schon jetzt ist klar: Durch die Einordnung der Krankenhäuser in die verschiedenen Leistungsgruppen, wird es zu Verschiebungen bei den angebotenen Leistungen einzelner Einrichtungen kommen. Einige, insbesondere komplexere Leistungen, werden sich zukünftig auf fachliche Zentren konzentrieren.
Die Folge: Es müssen neue regionale Versorgungsnetzwerke entstehen, welche die medizinische Behandlung der Patienten in der Fläche sicherstellen. Das erfordert eine engere Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Einrichtungen sowie einen reibungslosen, sektorenübergreifenden Austausch relevanter Patientendaten. Um dies bewerkstelligen zu können, spielen die elektronische Patientenakte ePA, digitale Tools inklusive KI-Anwendungen sowie telemedizinische Lösungen eine zentrale Rolle. Sie fördern und erleichtern eine einrichtungsübergreifende Zusammenarbeit und sind die Basis dafür, Kommunikation und Workflows effizient zu gestalten.
Anders als beim Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG), in dem Einzelmaßnahmen wie ein Patientenportal gefördert wurden, verlangt das KHVVG die Einreichung ganzheitlicher Konzepte und Strategien, um die Versorgung von Patienten durch Kliniken neu aufzustellen und die digitale Transformation in deutschen Krankenhäuser finanziell zu unterstützen.
Für Krankenhaus-Manager und IT-Leiter gilt es zu identifizieren, wo ihre Einrichtung noch digitale Schwachstellen hat und wie die vom Gesetzgeber bereitgestellten Fördermöglichkeiten gezielt genutzt werden können, um diese Lücken zu schließen. Sie müssen ganzheitlich die vorhandene IT-Infrastruktur ihrer Häuser bewerten und holistische, zukunftsfähige Konzepte entwickeln müssen, um von den Fördertöpfen profitieren zu können. Einen wichtigen Beitrag zu diesen Konzepten und Strategien können Cloud- und SaaS-Lösungen leisten: sie sind einfach umzusetzen, erlauben eine einrichtungsübergreifende Datenkommunikation auf Basis moderner Technologie-Standards und bringen ein hohes Maß an IT-Sicherheit mit.
So kann beispielsweise die TMD Cloud von Telepaxx zur Digitalisierung von Bildmanagement-Workflows beitragen: Sie ist modular konfigurierbar und ermöglicht über das zugehörige Webportal sowohl die Administration von Nutzer- und Zugriffsrechten wie auch die Option einzelne Bilddaten mit Patienten und Patientinnen sowie nachgelagerten Einrichtungen zu teilen. Auch ein Import von fremden Bilddaten in die TMD Cloud ist mit wenigen Klicks möglich. Die Integration und Implementierung kann in wenigen Wochen, ganz ohne langwieriges IT-Projekt erfolgen. Im Zusammenspiel mit anderen SaaS-Lösungen wie beispielsweise KI-Classifiern zur automatischen Auswertung von definierten DICOM-Daten entsteht so ein ganzheitliches Konzept zur Digitalisierung von Bildmanagement-Workflows.
Digitalisierung als Herzstück des KHVVG
Die Digitalisierung der Krankenhäuser ist der Motor, der die Ziele des KHVVG vorantreiben soll. Das Gesetz drängt auf eine durchgreifende digitale Transformation in den Kliniken, um die Effizienz von Prozessen zu steigern, die Versorgungsqualität zu verbessern und das Personal zu entlasten.
Prozessoptimierung durch Technologie: Digitale Lösungen ermöglichen eine weitreichende Automatisierung administrativer und klinischer Prozesse – beispielsweise in der Patientenaufnahme, bei der Dokumentation von Behandlungsverläufen oder dem Datenmanagement. Durch das Reduzieren manueller Arbeitsabläufe können Abläufe beschleunigt, Fehler minimiert und wertvolle Zeit für die Patientenversorgung gewonnen werden.
Die Elektronische Patientenakte (ePA): Die ePA ist mehr als nur eine digitale Ablage: Sie soll das zentrale Element für eine effiziente und transparente Verwaltung von Patientendaten sein. Gelingt das, entfaltet sich ihr ganzes Potenzial. So können Doppeluntersuchungen vermieden, Diagnosen beschleunigt und die Behandlungsqualität durch einen schnittstellenfreien Informationsfluss verbessert werden.
Künstliche Intelligenz (KI) und Telemedizin: Das KHVVG fördert den gezielten Einsatz von KI und telemedizinischen Anwendungen, darunter auch die Teleradiologie. So können KI-Anwendungen beispielsweise bei der Befundung, der Prozessoptimierung oder der prädiktiven Analyse unterstützen. Telemedizinische Anwendungen ermöglichen die Überwachung von Patienten aus der Ferne, entlasten das Personal und können die Versorgung chronisch Erkrankter verbessern.
“Das KHVVG erfordert konkrete strategische Entscheidungen und operative Anpassungen von den Krankenhäusern. Anders als beim KHZG werden nicht einzelne Fördertatbestände finanziert, sondern ganzheitliche Konzepte und Maßnahmen. Deshalb ist eine aktive Ausgestaltung durch die Kliniken hier besonders wichtig.”
Foto: Andreas Dobler, Geschäftsführer Telepaxx Medical Data GmbH
Vernetzung schafft Versorgung – Interoperabilität entscheidend
Das KHVVG läutet – nicht zuletzt aufgrund der neuen Leistungsgruppen und der geforderten Strukturanpassungen – das Ende der Insellösungen ein. Es forciert eine umfassende Vernetzung innerhalb der Krankenhäuser, aber auch sektorenübergreifend in die Ambulanz. Interoperabilität wird zum entscheidenden Faktor für eine zukunftsfähige Versorgung.
Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen: Das Gesetz fördert die Entstehung von Einrichtungen, die ambulante und stationäre Leistungen integrieren. Dies erfordert eine nahtlose digitale Kommunikation und einen reibungslosen Datenaustausch zwischen den verschiedenen Sektoren. Nur wenn Systeme miteinander “sprechen” können, lässt sich die Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung optimal gestalten.
Telemedizinische Netzwerke: Die Bildung und Nutzung telemedizinischer Netzwerkstrukturen ist ein expliziter Fördergegenstand des Transformationsfonds. Von der robotergestützten Telechirurgie über virtuelle Tumorboards bis hin zur telekonsiliarischen Unterstützung in ländlichen Gebieten – diese Netzwerke ermöglichen den Austausch von Expertise über räumliche Distanzen hinweg und verbessern die Zugänglichkeit spezialisierter Versorgung.
Datenintegration und Interoperabilität als Schlüssel: Um diese Vernetzung zu realisieren, sind standardisierte Schnittstellen und eine robuste Datenplattform unerlässlich. Sie bilden die Grundlage für eine nahtlose Zusammenarbeit und einen durchgängigen Informationsfluss. Eine solche Plattform kann verschiedene IT-Systeme verbinden und eine einheitliche Dokumentation und Kommunikation über mehrere Standorte hinweg unterstützen. Im Bereich des Bilddatenmanagement bietet die C5-testierte TMD Cloud von Telepaxx beispielsweise eine solche Plattform.
Damit Kliniken eine Chance haben, Teil eines größeren, effizienteren Versorgungsnetzwerks zu werden, ist eine strategische Planung für die Integration von Systemen und den Aufbau von Kommunikationsstrukturen essentiell, die über die eigenen Einrichtungsgrenzen hinausgehen.
IT-Infrastruktur als Fundament: Investitionen und Herausforderungen
Die ambitionierten Ziele des KHVVG können nur auf einer modernen und leistungsfähigen IT-Infrastruktur aufbauen. Für IT-Leiterinnen und IT-Leiter bedeutet das: Sie brauchen eine klare Strategie und Checkliste, um ihre Klinik zukunftsfähig zu machen und die notwendigen Schritte für eine resiliente und leistungsfähige IT-Infrastruktur einzuleiten.
Die wichtigsten Punkte und Aspekte aus unserer Sicht:
Umfassende Investitionen sind unumgänglich: Krankenhäuser müssen ihre Netzwerke, Hardware und Software modernisieren. Veraltete WLAN-Infrastrukturen oder unzureichende Serverkapazitäten sind oft der Flaschenhals für die Nutzung digitaler Patientenakten, mobiler Visitenwagen oder telemedizinischer Anwendungen. Eine Priorisierung der Investitionen ist hier entscheidend.
Interoperabilität wird zum Muss: Durch das KHVVG werden einige Behandlungen künftig nicht mehr stationär im Krankenhaus, sondern in der Ambulanz oder sogenannten sektorenübergreifenden Versorgungszentren (SüV) erbracht werden. Daten müssen zwischen diesen unterschiedlichen Einrichtungen sicher, aber gleichzeitig flexibel fließen können. Eine standardbasierte Datenkommunikation und standardisierte Schnittstellen von einem Software-System werden daher essentiell und nicht mehr nur “Nice to have”.
Cloud- und SaaS-Lösungen als Enabler: Im Rahmen des KHVVG gewinnen Cloud-basierte Lösungen und Software-as-a-Service (SaaS) zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglichen es Krankenhäusern, flexibler auf neue Anforderungen zu reagieren, gewährleisten Skalierbarkeit und ermöglichen es, IT-Ressourcen effizienter zu nutzen. Ein prominentes Beispiel ist hier das medizinische Bilddatenmanagement in der Cloud, da Bilddaten das Gros der zu managenden Daten in einem Krankenhaus ausmachen. Statt teure lokale Server zu betreiben, können Bilddaten (Röntgen, MRT, CT) sicher in der Cloud gespeichert und von überall aus abgerufen werden. Dies erleichtert nicht nur die standortübergreifende Zusammenarbeit und den Austausch mit externen Spezialisten, sondern trägt auch zur Datensicherheit und Ausfallsicherheit im Rahmen des Business Continuity Management bei, während gleichzeitig Investitionskosten gesenkt werden können.
Cybersicherheit – nicht verhandelbar: Mit zunehmender Digitalisierung und Vernetzung steigt die Angriffsfläche für Cyberkriminalität. Das KHVVG und bereits bestehende Gesetze wie das IT-Sicherheitsgesetz (IT-SiG), die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und nun auch NIS-2 verschärfen die Anforderungen an die Cyber- und Informationssicherheit in Krankenhäusern erheblich. Die Verfügbarkeit von Patientendaten ist entscheidend für die Behandlung; werden diese im Falle ein Cyberangriffs verschlüsselt oder kompromittiert, hat das weitreichende Folgen. Cybersicherheit nimmt im Krankenhaus mittlerweile einen ähnlichen Stellenwert ein wie Hygiene und Qualitätsmanagement und muss als integraler Bestandteil der Klinikstrategie verankert werden.
Personalentwicklung: Der digitale Wandel erfordert nicht nur eine technische Aufrüstung, sondern auch eine Anpassung der Aufgabenprofile und eine umfassende Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit neuen Systemen. Die Akzeptanz und Kompetenz des Personals sind entscheidend für den Erfolg der digitalen Transformation.
Transformationsfond des KHVVG
Der Transformationsfonds ist das zentrale Finanzierungsinstrument der Krankenhausreform und wird zur Hälfte vom Bund sowie den Ländern finanziert. Er soll die notwendigen strukturellen Veränderungen mit bis zu 50 Milliarden Euro über 10 Jahre fördern.
Da die Bundesländer Anträge für das Folgejahr bis zum 30. September einreichen müssen, müssen Krankenhäuser alle notwendigen Unterlagen frühzeitig an ihr zuständiges Landesministerium übermitteln, um von Fördermitteln profitieren zu können.
Fazit & Ausblick zum KHVVG: Chance, die digitale Zukunft aktiv zu gestalten
Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz ist ein unmissverständlicher Weckruf an alle Krankenhäuser in Deutschland, die Digitalisierung in den Mittelpunkt ihrer strategischen Ausrichtung zu stellen. Es ist eine umfassende Reform, die weit über finanzielle und strukturelle Anpassungen hinausgeht und die Art und Weise, wie medizinische Versorgung erbracht wird, grundlegend verändern wird.
Krankenhäuser haben jetzt die Chance, sich proaktiv auf die neuen Anforderungen auszurichten, wenn es gelingt, das KHVVG nicht als Bürde, sondern als strategische Chance zur Neupositionierung und zur Stärkung der Gesundheitsversorgung zu verstehen. Die erfolgreiche Umsetzung der digitalen Transformation wird nicht nur die Effizienz und Qualität der Versorgung verbessern, sondern auch die Attraktivität von Kliniken als Arbeitgeber steigern und diese als innovative Gesundheitsdienstleister etablieren.
Bilder & Quelle: Telepaxx Medical Data GmbH