Smart Hospital Excellence Forum 2021: Interview mit Dr. Jana Aulenkamp

Interview

Veröffentlicht 17.02.2021 09:00, Kim Wehrs

Das „Smart Hospital Excellence Forum 2021“ findet am 22. und 23. März 2021 in Frankfurt am Main statt. Optimierungspotential ist bei der Digitalisierung zu erschließen und zu nutzen. Verantwortliche sind mehr denn je gefragt, Herausforderungen anzunehmen und gewinnbringend für ihre Häuser umzusetzen. Referentin Dr. Jana Aulenkamp, Ärztin und Autorin, erörtert Rahmenbedingungen, Verbesserungen und Ziele für die interprofessionelle Zusammenarbeit im Krankenhaus. Im Interview mit dem Krankenhaus IT-Journal markiert die Ärztin und Autorin Kernpunkte.

Das Gesundheitswesen wird – nicht zuletzt durch die COVID-19-Krise – immer digitaler, vermehrt ambulant und vernetzter. Welche Rahmenbedingungen sind vor allem nötig, um die Potentiale der Digitalisierung für Patienten stärker nutzen zu können?

Jana Aulenkamp: An einigen Stellen wird die Versorgung immer digitaler, jedoch ist der Weg zu einem vernetzten Gesundheitssystem noch weit. Damit die Potentiale der Digitalisierung wirklich genutzt werden können, benötigen wir einheitliche technische Standards, eine ausreichende Finanzierung und eine Integration von digitalen Lösungen in die Versorgungsstrukturen. Momentan werden viele einzelne Bereiche digitalisiert, aber ein einziges digitales Tool macht meistens noch mehr Arbeit als vernetzte Lösungen. Beispielsweise kenne ich Kliniken, die eine digitale Patientenakte für die Intensivstation haben, aber der Anbieter keine digitale Patientenakte für Normalstation anbietet und auch die Kompatibilität mit anderen Anbietern begrenzt ist. Solange wir immer nur einzelne Teile digitalisieren und nicht wirklich offene Schnittstellen haben, ist das Potienzial der Nutzung stark begrenzt. Des Weiteren benötigen wir wesentlich mehr Flexibilität auch für die Ärztinnen und Ärzte oder Therapeuten. Offiziell ist es kaum möglich, eine Videosprechstunde von zu Hause und nicht vom Praxissitz anzubieten. Hier müssen dringend bessere Lösungen für Entlastung gefunden werden, wie es in anderen Ländern schon lange der Fall ist.

Welche Verbesserungen hat das deutsche Gesundheitswesen dringend nötig? Welche Investitionen bei digitaler Medizin sind besonders notwendig?

Jana Aulenkamp: Es gibt so viele tolle einzelne Ansätze zu digitalen Lösungen, aber da wir im deutschen Gesundheitssystem so viele verschiedene Akteure, Klinikbetreiber und weitere Beteiligte haben, sind umfassende und ganzheitliche Systeme erschwert. Digitale Lösungen werden für Patientinnen und Patienten sowie für das Personal erst dann wirklich von Nutzen sein, wenn sie untereinander verknüpfbar sind und sich ergänzen. Wenn ich als Patient bald für jede Erkrankung eine App habe, diese sich jedoch nicht untereinander austauschen und mir die Benutzung vereinfachen, wird die Benutzung und auch der Nutzen begrenzt. Firmen und die Politik müssen daher in Schnittstellen und gemeinsame Ansatzpunkte investieren, auch wenn das gegen das Verständnis einiger Firmen geht.


Wie lässt sich die Arbeitskultur im Gesundheitswesen verbessern? Wie ist eine höhere Akzeptanz für interprofessionelle Zusammenarbeit im Gesundheitswesen zu erreichen?

Jana Aulenkamp: Viele wundern sich, dass die interprofessionelle Teamarbeit im Gesundheitswesen oft nicht effizient klappt. Ich frage mich, wie überhaupt erwartet werden kann, dass sie funktioniert, wenn diese Teams nie gelernt haben, effizient zusammenzuarbeiten und keine gemeinsamen Ziele im Alltag haben. Einerseits spielt für mich hier die Lehre und die Weiterbildung eine zentrale Rolle. In manchen Kliniken gibt es interprofessionelle Ausbildungsstationen in denen gemeinsam die Versorgung gelernt wird und gleichzeitig ein Fokus auf die Reflexion und Optimierung der Teamarbeit gelegt wird. Andererseits ist es unerlässlich, dass Teamarbeit Teil des Stationsalltages wird. Hierfür ist es in dem so straffen Zeitalltag jedoch enorm wichtig, dass finanzielle Anreize diese Teamarbeit fordern und fördern. Beispielsweise sind für manche Komplexpauschalen Teamtreffen und eine gemeinsame Zielvorgabe für Patienten Voraussetzung. In diesen Bereichen, wie beispielsweise in der Geriatrie, läuft die Teamarbeit meiner Meinung nach oft offener und intensiver ab.

Was wollen Sie als Referentin den Verantwortlichen aus Krankenhäusern auf dem Excellence-Forum vor allem mitgeben? 

Jana Aulenkamp: Wenn die Verantwortlichen der Krankenhäuser beispielsweise zur Digitalisierung eine Veränderung in ihrem Haus sehen wollen, möchte ich ihnen mit auf den Weg geben, dass sie dafür eine Strategie entwickeln sollten. Viele Kliniken haben keine Strategie und wenn sie eine vorweisen können, haben diese oft nur wenige ausgewählte Leute entwickelt, ohne die breite Basis zu befragen, Partizipation zu ermöglichen, oder sie kommunizieren die Strategie nicht ausreichen. Den Strategieprozess gemeinsam mit den Mitarbeitenden auf Station, in der Notaufnahme oder in den Ambulanzen zu gehen und sich hierbei an anderen Unternehmen außerhalb des Gesundheitswesens zu orientieren, halte ich für nötig. Gemeinsame Ziele, Vorstellungen und Visionen, die die Mitarbeitenden im Kleinen und Großen erarbeiten und kommunizieren können, so wie es in vielen Organisationen der Fall ist, vermisse ich manchmal im Gesundheitswesen.

 

Neuer Veranstaltungsort ist der Frankfurter Hof in Frankfurt am Main

 

Dr. Jana Aulenkamp, Ärztin: „Solange wir immer
nur einzelne Teile digitalisieren und nicht wirklich
offene Schnittstellen haben, ist das Potiential
der Nutzung stark begrenzt.“ (https://weltweit-anders.org )

 

 

„Smart Hospital Excellence Forum 2021“

Das Programm des Excellence Forums von Veranstalter Smart Bridges bietet intensiven Austausch mit renommierten Experten über aktuelle Entwicklungen, Forschungen und Innovationen. Im Fokus stehen Themen wie Prozessoptimierungen und Kosteneinsparungen im Krankenhaus mit digitalen Strategien, Interoperabilität im Krankenhaus sowie Vorteile der Digitalisierung im Krankenhaus für Patienten und Mitarbeiter. Zu den Kernpunkten zählen außerdem Chancen und Risiken in der Medizin durch Big Data und Künstliche Intelligenz KI, automatische Dokumentation von Pflegeprozessen sowie  Datenschutz und Ethik in der Medizin.

 

Themen und ReferentInnen (Auswahl)

Aktueller Überblick zum Smart Hospital

Prof. Dr. Jochen Werner, Medizinischer Direktor, Universitätsklinikum Essen

Prof. Dr. David Matusiewicz, Professor für Medizinmanagement, Direktor des

Forschungsinstituts für Gesundheit & Soziales, FOM Hochschule &

Founder - Digital Health Academy

 

Digitalisierung am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Campus Kiel

Prof. Dr. Björn Bergh, Leiter der Sektion Medizininformatik und CDO, UKSH -

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

 

Interoperabilität im Krankenhaus

Prof. Dr. Sylvia Thun, Professorin für Informations- und Kommunikationstechnologie

im Gesundheitswesen, Hochschule Niederrhein

 

Can Machine Intelligence turn us into Healthier People? Rise of Digital Signals and

their Potentials for the eHealth Industry

Dr. Stefan Ebener, Head of Customer Engineering, Google Cloud

 

Digitalisierung von Pflegeprozessen

Prof. Dr. Martina Hasseler, Professorin Klinische Pflege, Ostfalia Hochschule für

angewandte Wissenschaften

 

Digitale Kompetenzen – Die Menschen hinter der digitalen Transformation

Dr. Jana Aulenkamp, Ärztin, Co-Founderin, Autorin

 

Blick über den Tellerrand – Das Smart Hospital in Dänemark am Beispiel des

Universitätskrankenhauses in Aarhus

Lars Ganzhorn Knudsen, Chief Innovation Officer, Aarhus University Hospital, Denmark

Prof. Dr. Wolfgang Deiters, Professor für Gesundheitstechnologien, HSG Bochum

 

Der Untergang des Radiologen!? – Wenn Radiologie auf Künstliche Intelligenz trifft

Dr. Thomas Görlitz, Oberarzt Radiologe, Facharzt für diagnostische Radiologie,

SRH Kliniken

 

Die Forums-Teilnehmer erwartet ein intensiver Wissenstransfer. Dazu tragen Vortragsformate und Beteiligungsmöglichkeiten bei wie interaktive Round Tables, spannende Keynotes, aufschlussreiche Best-Practice-Cases, Workshops und kontroverse Diskussionen sowie Vier-Augen-Gespräche mit Lösungsanbietern.

Das Konferenzangebot umfasst u.a. Zugang zum interaktiven Excellence Portal zur Auswahl der persönlichen Agenda, selbstgewählte und individuelle Vier-Augen-Gespräche mit Lösungsanbietern, Teilnehmern und Referenten. Die Durchführung der Veranstaltung findet unter Einhaltung der Hygienestandards (geprüftes Anti-Corona-Konzept) statt.

Informationen:

www.smarthospital-excellenceforum.com

 

 


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