Health-IT Talk - COVID-19-Update zur Medizininformatik-Initiative

Health-IT

Veröffentlicht 14.04.2021 08:00, Dagmar Finlayson

Medizininformatik-Initiative MII-Projekte haben keinen theoretischen Anstrich, sondern führen zu konkretem Nutzen. Die CODEX-Plattform führt COVID-19-Daten zusammen. Erste klinikübergreifende Datenauswertungen zu COVID-19 ermöglicht die DIZ-Infrastruktur, interoperabel standortübergreifend und datenschutzgerecht. Beim Health IT Talk Berlin Brandenburg im April 2021 ging es um innovative IT-Lösungen zur Verbesserung von Forschung und Versorgung und der Pandemiebekämpfung.


„Die Medizininformatik-Initiative (MII) hat wichtige Fortschritte erzielt, um Routinedaten aus der Patientenversorgung und der Forschung standortübergreifend digital zu vernetzen“, sagte Sebastian C. Semler, Geschäftsführer der TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. und Leiter der Koordinationsstelle der MII. „Dazu zählen vor allem die Zustimmung der Datenschutzbehörden zur Einwilligungserklärung der MII für Patienten und die Einführung der Terminologie SNOMED CT in Deutschland.“ Mit dieser von der MII erarbeiteten bundesweiten Dateninfrastruktur können Krankheiten besser erforscht und Patienten gezielter behandelt werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Initiative zunächst bis 2022 mit rund 160 Millionen Euro. Die standort- und konsortienübergreifende bundesweite Zusammenarbeit wird von einem Nationalen Steuerungsgremium und einer Koordinationsstelle im Rahmen des koordinierenden Begleitprojekts gesteuert.

Die nationale Medizininformatik-Initiative MII (2016-2026) will die Digitalisierung in der Medizin nutzen, um die medizinische Forschung zu stärken und die Patientenversorgung zu verbessern. Im Rahmen von vier Konsortien (DIFUTURE, HiGHmed, MIRACUM und SMITH) arbeiten alle deutschen Universitätsklinika und Universitätsmedizinstandorte gemeinsam mit weiteren nicht-universitären und industriellen Partnern an der Aufgabe, Datenbestände aus Forschung und Patientenversorgung zu integrieren und bundesweit interoperabel verfügbar zu machen.

Prof. Dr. Hans-Ulrich Prokosch (Universität Erlangen-Nürnberg), Leiter des MIRACUM-Konsortiums, konstatierte: „Trotz der erschwerten Rahmenbedingungen durch die COVID-19-Pandemie konnten sich die Grenzen zwischen den Konsortien der Medizininformatik-Initiative (MII) immer mehr auflösen und dass wir mittlerweile sehr viele gemeinsame Ergebnisse vorweisen können. Daraus resultieren neue konsortienübergreifende Use Cases von seiten der Universitätskliniken.“


(links) Prof. Dr. Roland Eils, BIH/Charité – Universitätsmedizin Berlin, Universitätsklinikum Heidelberg, HiGHmed-Koordinator, Mitglied des CODEX-Lenkungsausschusses
(Mitte) Sebastian C. Semler, Geschäftsführer TMF e.V. Leiter der Koordinationsstelle der MII, (Co-)Leiter CODEX-Gesamtprojekt
(rechts) Prof. Dr. Hans-Ulrich Prokosch, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Konsortialleiter MIRACUM, Mitglied des CODEX-Lenkungsausschusses

MII unterstützt COVID-19-Forschung

Mit einer Übersicht listet die MII laufende Forschungsprojekte wie COVID-19-Forschungsregister und -Datenerhebungen an ihren Standorten auf. Die Webseite soll Forschenden und Interessierten einen besseren Überblick über aktuelle Projekte und deren Ansprechpartner bieten. Dies ermöglicht Vernetzung und Harmonisierung. Der weiterentwickelte Kerndatensatz der MII stellt die Grundlage für den standardisierten GECCO-Datensatz („German Corona Consensus“) der COVID-19-Forschung dar. Mit dem Kerndatensatz haben die universitätsmedizinischen Standorte in den Arbeitsgruppen der MII konsortienübergreifend festgelegt, welche Datensätze die Datenintegrationszentren der MII für alle stationären Patientendaten mindestens vorhalten sollen, und zwar unabhängig von der Indikation und vom jeweiligen Use Case des Konsortiums. Das gewährleistet die Interoperabilität zwischen den Datenintegrationszentren, deren Aufbau auf unterschiedlichen Konzepten beruht.

CODEX-Plattform führt COVID-19-Daten zusammen

„Für CODEX wird die erfolgreich aufgebaute dezentrale Forschungsdateninfrastruktur der MII um eine Plattform erweitert, die es Forschenden ermöglicht, komplexe COVID-19-Datensätze aus verschiedenen Quellen zentral auszuwerten: aus den Datenintegrationszentren der MII, aber auch aus kommunalen Kliniken, dem niedergelassenen Bereich und von Gesundheitsämtern. Die Plattform soll auch die Zusammenführung mit Daten ermöglichen, die direkt von Bürgerinnen und Bürgern über Apps erhoben werden“, erklärte Prof. Roland Eils, Zentrum für Digitale Gesundheit, Berlin Institute of Health (BIH) und Charité – Universitätsmedizin Berlin, der den Aufbau der zentralen CODEX-Plattform koordiniert und wie Prof. Prokosch Mitglied des CODEX-Lenkungsausschusses ist.

Interoperable IT-Infrastrukturen im Blick

Alle Universitätsmedizin-Standorte haben ein gemeinsames Vorgehen verabschiedet, nach welchem die Standardisierung von Daten und Prozessen sowie der Aufbau interoperabler IT-Infrastrukturen betrieben werden sollen. Berücksichtigt werden hierbei auch die Prozesse und Komponenten, die zur technischen Realisierung der Patienteneinwilligungen und der datenschutzkonformen  Datenverarbeitung notwendig sind. Die Festlegungen sind als Selbstverpflichtungserklärung in Form eines Eckpunktepapiers verfasst, das die einzuhaltenden Mindestanforderungen, die zur Erreichung der Interoperabilität zu erfüllen sind, festhält und das gemeinsam entlang des künftigen Projektfortschritts fortgeschrieben wird. Es skizziert zudem die notwendigen zu schaffenden zentralen Komponenten und die einzuleitenden Vorbereitungsmaßnahmen für einzelne harmonisierte Projektschritte (z.B. zur stufenweisen Erweiterung des Kerndatensatzes).

Abb:
Medizininformatik-Initiative MMI in drei Phasen

Datenintegrationszentren für Datenaustausch

Die Konsortien der Medizininformatik-Initiative (MII) haben an ihren universitätsmedizinischen Standorten Datenintegrationszentren (DIZ) eingerichtet. In diesen neuen Einrichtungen werden Forschungs- und Versorgungsdaten eines Universitätsklinikums gesammelt, wobei Datenqualität und Datenschutz eine wesentliche Rolle spielen. Die bundesweite DIZ-Infrastruktur schafft die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für einen datenschutzgerechten, standort- und institutionsübergreifenden Datenaustausch. Zunächst wurden die Machbarkeitsanfragen einheitlich in FHIR Search formuliert und den DIZ-Standorten zur Verfügung gestellt. Diese verarbeiteten die Anfragen auf ihrem jeweiligen FHIR-Server mit lokalen Echtdaten und meldeten anschließend die jeweils verfügbaren Fallzahlen als Ergebnis an die zentrale anfragende Stelle zurück.
Die Datenqualität der Forschungs- und Versorgungsdaten aus den unterschiedlichsten datenliefernden Systemen sowie die Zusammenführung und Aufbereitung in den Datenintegrationszentren sind zu sichern. Es gibt verschiedene unterschiedliche Ebenen. Jedes der Konsortien hat entsprechende Tools und Konzepte entwickelt, um die Datenqualität zu überprüfen. Probleme gibt es bei der Übertragung von Systemen untereinander. Die Harmonisierung auf FHIR stellt eine leichte inhaltliche minimale Anpassung dar in Bezug auf die gemeinsame Semantik. Dieser Überprüfungsprozess hat in den Standorten begonnen.

Roadmap über bundesweite Fachexpertise

Fortschritte im Rahmen der Medizininformatik-Initiative bis ins Jahr 2025 markiert eine „Roadmap“. Sie soll einen wichtigen Impuls zur Interoperabilität im deutschen Gesundheitswesen liefern. Sie stellt insbesondere eine wichtige Grundlage zur Schaffung interoperabler Patientenakten (nicht nur) in der Universitätsmedizin dar. In die Formulierung dieser Roadmap zur Interoperabilität ist bundesweite Fachexpertise ausgewiesener Stellen eingeflossen, insbesondere der universitären Medizininformatik-Lehrstühle, und nationaler sowie internationaler Standardisierungsgremien. Zusätzlich wird der Dialog mit der Industrie zur Interoperabilität begonnen.


Health-IT Talk
Branchenprofis tauschen sich im monatlich stattfinden Health-IT-Talk Berlin-Brandenburg verbands- und fachrichtungsübergreifend zur Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft aus. Die vier Partner (BVMI, KH-IT, SIBB, TMF) beschäftigen sich mit aktuellen Branchenthemen in Fachvortrag und Diskussion.
www.health-it-talk.de




Quelle Text: Wolf-Dietrich Lorenz

Quelle Bild:Pixabay/geralt

 

 


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